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Tagebuch 1924
tet früh Hans zurück. Mit gutem Erfolg ; sein weit über den Vorschlag des Herzogs
hinausgehender Gegenvorschlag wurde glatt angenommen. Am ersten Tag hat die
Sitzung bis ½ 1 in der Nacht gedauert und Hans war in d. Früh um 4 schon ausge-
schlafen u. hat den Gegenvorschlag aufgesetzt. (Also die „Erholung“ hat nicht sehr
viel bedeutet. Am Abend ist er dann nach Ischl gefahren, aber von dort am nächsten
Tag, da es gestöbert* hat, um 11 schon wieder fort. Wenn er in Hütteldorf richtigen
Anschluß gehabt hätte, wäre er noch früher zuhause gewesen. Nachts wieder nur ge-
stört geschlafen, da Hans eine kleine Indigestion mitgebracht hat. Vom Castiglioni
hat ein Auto gestern spätabends noch den ersten Band (Bronzen) gebracht. Mein
Gott, eine weitere Pierpont Morganpublikation ! Ist das nicht schade um das viele
Geld ! Ich mache daraus eine Notiz f. die Allgemeine Zeitung.26
13.II.
Gestern „phantastische Ausstellung“ im Kristallver-
lag (Pritzl), dann Sezession (mit meiner neuen Preß-
karte) Hammer u. Leop[old] Bauer (trostlos), nach
d. Essen Würthle, den weggeräumten Kassák u. die
noch hängenden Löw, Groß u. Gottlieb oben alles
sehr gleichgültig, aber doch nett das freie Herumspa-
zieren durch die Stadt mit Galloschen u. der Choko-
lade. Der Alma Mahler außerordentlich interessanten
Brief an Rulli gebracht, langes Gespräch. Geschimpf
über die Bergner, sie kennt sie doch nicht, also doch
nur Redereien. Ich sehe die Menschen lieber durch
die Liebe anderer hindurch an, dann ist man immer
gerechter
…27
Ich soll der Alma meine Gedichte geben, sie will,
wenn Szolnay nach Wien kommt (er ist in Monte-
carlo), ihm das Manuskript geben.
–28
Ja richtig : unlängst erzählte die Salvendy, daß Feigl wieder in Wien ist. Ich gebe
ihr einen Auftrag für ihn. Ja, sie muß ihn ohnedies sprechen ; Merkel ist nämlich
zu ihr hinaufgekommen ; sie soll dem Feigl ins Gewissen reden, daß er den Stand
d. Maler degradiere, da er zu Sammlern in die Häuser geht, seine Blätter anbieten.
Das mag ja in Berlin üblich sein, hier aber nicht. Hofrat Tietze habe Feigl d. Ad-
resse von Steinitz gegeben u. Feigl wäre mit seinen Sachen dort gewesen, so etwas
ginge doch nicht an. Ich : Sie werden doch wegen so etwas dem armen Feigl keine
unangenehme Stunde bereiten. – Zirner macht Salvendy aufmerksam, daß Merkel
sie auf diese Benehmigung Feigls in tiefstem Vertrauen aufmerksam gemacht habe.
* Schneegestöber
Abb. 37 : Richard „Rulli“ Horn.
Erica Tietze-Conrat
Tagebücher, Volume I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
Entnommena aus FWF-E-Book-Library
- Title
- Erica Tietze-Conrat
- Subtitle
- Tagebücher
- Volume
- I: Der Wiener Vasari (1923–1926)
- Editor
- Alexandra Caruso
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79545-2
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 458
- Category
- Biographien