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VI, Biographisches. 383
u!.'^ !,>!'» Mlä,, L'.n l'>l'd!li!l a,i den ^l0!id,
Ich schrieb augenblicklich die erste Strophe
nieder
Wandle, wandle, holder Schimmer,
sandle über Berg und Au,
In des stillen Meeres Mau,
Ter Anfang wäre gut genug gewesen. Na»
schöpft, ich fügte nuch ein paar ungeschickte
Strophen hinzu, und hatte so wenigsten»? m.'in
Pensum für morgen zustande gebracht, Unglück»
Spuren von Talent zu erkennen, des and«,,
und von meinen Versen war keine Rede,
Ls sollte aber bald eine andere Gelegenheit
kommen, mich in ein vorteilhafteres Licht zu
nur als eine traurige Notwendigkeit betrachtet,
aber wir kamen auf Huraz, und da fühlte ich
zuerst ein Bedürfnis, das bisher Vernachlässigte
snmteit des Professors auf mich, das; meine,
nicht Sprach-, wohl aber Sinn- und Sacherklä-
»nch öfter, woher ich alles das wüßte? Vorauf
ich ihm antwortete, mir schiene es eben so,
Leider wurde sein Anteil an mir durch jenen,
wie ich oben erwähnte, in mir ganz gegen meine
in Schatten gestellt, infolgedessen ich, wälireno
ich laut und öffentlich den horaz mit Sin» und
Verständnis kommentierte, bald daranf heimlich
skurile Tentungcn zuflüsterte, die Lachen er«
lebten, ja die oft unsittlich gewesen wären, wenn
ich dic volle Bedeutung meiner travestierenden
Professor Stein um die Ursache des Gelächters
fragte und diese und mich als Urheber ersuln',
kam er in ebenso heftigen Zorn, als ei fich mir
vorher als geneigt zugewendet hatte, und niifeie
wechselseitige Stellung befestigte sich nie,
^incn Beweis meines Übermutes gab ich noch
mu ^chlnsse des Jahres bei der schriftlichen
Komposition, die im Lokale der Schule selbst
zustande gebracht werden mnßte, und deren
'>'Iiü>',de eine äsopische Fabel, „der Hund und
der ^olf" in lateinischer Sprache war, nach
Wahl in Prosa oder Versen, Ich setzte mich
,Vo.r »bcr die Vrdingnng hinans und schrieb
meine Fabel in dentschen Neunen, nicht aufs
Nach allen diesen Vorgängen konnte ich in
dem Professor nicht die vor!eiN,aflestc M^nung
von mir voraussetzen. Wie war ich also des
,^ ?>i^c- ersinn,,t, oder vielmehr entsetz!,
al'-- u!> unter den fünf Besten der Schnle zur
gemeinschaftlichen Prüfung aufgerufen wurde. liescin ^Iitentenlamcn wohnte der geistliche
Studienrefercnt, fpätere Erzbischof von Salz«
bnrg, Gruber, bei, dessen fleißiger, aber etwas
duckmänserischer Neffe, sich eben in unserer Fünf»
zahl befand.
Meine Prüfung ging zn meinem eigenen (5r-
staunen ganz gut vor sich. Nur als lateinische
Verse aus der ars poetiez auswendig herzusagc»
miin, das letzte Wort nicht ein, Tcr Professor
einer anderen Klasse, der als Ehrengeleit mit
wüßte; indes mir das Wort fehlte, und um mich
nlif die Spur zu bringen, ahmte er dic Gebärde
hielt und die wunderlichsten Gesichter schnitt; ich
aber glaubte, er lache mich aus, uud warf ihm
grimmige Blicke zu, wodurch ich aber immer
mehr aus dem Kontexte kam,
hatten im Schuljahre den König Ödipus von
doch die für das Griechische bestimmte Stunde
ausgefüllt werden mußte, fingen wir ein Stück
von Euripidcs zu lesen an. Jedermann war
gelesen, wo jeder schon über hals und Kopf jich
anderweitig für die Prüfung vorbereitete, bei
dieser Prüfung selbst gar nicht znr Sprache ge-
er, als er aufs Griechische kam, um dem Herrn
Studienrcferenten den Hof zu machen, dessen
Neffen die Wahl der zu überfctzenden und zu
wählt die Szene aus dem Euripides, Tie darauf
Folgenden zogen sich ganz leidlich aus der Sache;
ich aber, der ich den König Ödipus am Schnür»
cken hatte, scheiterte am Euripides, so fiel denn,
Beschämung aus.
Nnn kommt eine trübe wüste Zeit, die aber
glücklicherweise nur ein Jahr dauerte. Ich trat
in die Universitätsstudien über. Nie Ideen von
waren unsere Professoren von solcher Art, daß
nur die Gewohnheit des Fleißes, dic meine Sache
lonnlc. In dcm Profefsor der Philosophie hatten
wir einen Pedanten, aber nicht nnr in gewöhn«
lichem Sinne, sondern als eigentliche Lustspiel»
Vr batte eine „Philosophie ohne Beinamen" als
Vorlesebuch geschrieben, und hielt sich für ganz
von fich stieß, indes sein System nichts als der
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik