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gebeu, wo noch die gute »iejellfchast beim Mit<
lagsmahl sitzt, >l0»,men die ordentlichen Leute
ius Theater, so sehen sie höchstens den Schluß
elende Zeug, das, eben des halbpreis vaufeno
wegen, die weitere Unterhaltung a>>
Auch ist die Verwaltung der Theater gewinn»
süchtig, eleud, Man teilt selbst für die Logen,
wo doch nur eine bestimmte Anzahl Platz findet,
Billelts ins »nendlichc ans. Nie fpätcr Koni»
menden stürmen nun die Logen, steigen hinter
den Nucken ans die^Bänte der Sitzenden, drängen
sich ein, Tie Logentüren bleiben offen, und ich
mußte eine Vorstelluug de^ ^nliuo Easar, wo
Rcnoble spielte, in, vierten Ällc verlassen, bloß
weil ich den Schluß nicht niit einer Erkaltung
erkaufen wollte.
Frei tag, den 20, Nah», meinen Weg ins
Westende, 0xlor6-3treet, LeMnt'L-Lti-eet, ^kÄi-in^-
des Lordkanzlers bei, in eincni lleinen Zimmer,
der erhabenen Handlung lanui würdig, Ver
Lordkanzlcr selbst in großen, »ostnme, sein Stab
und ein grußer Blumenstrauß vor ihm auf dem
Tische, Er in »nächtiger Perücke, die Advokaten
in mäßigen, Tie Westmiusterabtei vorderhand
nicht, daß heute das Parlament prorogiert wird,
und versäumte, der letzten Sitzung beizn>vuhncn,
nnch war es erst drei llhr, und da> haus sollte
sich erst gegen fünf Uhr versammeln, Vesah
XVIntekall, die llorZeguai-a's, ^ämiralit^ und hatte
außerdem den unerläßlichen Gang ins ^lisn-
ntiice, nm nicinen AnfcntI>!iltoi>I,ei,i bestätigen
zu lassen, bei Geld» oder Gefängnisstrafe,
O freies England! Erhielt die Verlängerung bis
zum 1, Juli mit großer Höflichkeit, War sehr
den Weg; geriet ins Pallmall, das mir mit
seinen nicht so außerordentlichen Gebäuden und
dem Gedränge von Vagen und Fußgängern, in
der Erschöpfung der Müdigteit, wie eine Feen»
Welt vorkam, orientierte nnch endlich mit Mühe
und kam erschöpft nach Hause,
'Abends in Trurylane, Madame Malibran
und Lonnamdula. Was diese Frau als Sängerin
vermag, zeigte sie heute, ungeachtet der schon
Augenblick rnhig zn sein, hentc war ihre Stimme
rein, hinlänglich, in den tiefen Tönen schön,
zu jeder Verzierung geschmeidig, dem Ausdruck
des Gefühles voni leisesten und noch immer
vernehmlichen Tone bis zum Sturme des
noch immer musikalischen Aufschreis folg-
Tic übrigen Leute saugen auch, Herr Templeton
sogar manchmal gut, nur ist etwas Seemänni-
sches in seiner Manier,
Samstag, den 21, Beschloß, ins Gesandt-
schastshotel zu gehen, der Verlängerung meines
Passes wegen. Eine für mich völlig unbetaunle warf mir eine völlige Malfelnmtte. Zugleich
galt es, ein audevec' »osiliaii'- ,^ > suchen, da ich
do,I, ,,,einen ^veg, Ner Äotschaflojeln'lär war
nicht anwesend. Ein Komm,-, n>> >i!,n,I>e ein
lüüger ^, !>>!!,'!!,, I'chl I,!'!>,>>, ->.'!,ine m,,!,em
Nachfragen nach Here,, ,'^ > >!> > >,,l,', u,,- ^v,>n,
bänseln V0r, n>0 e<- inir aber nirgends sondeNnl!
gefiel, Überall kleine schlechte Schla^immer,
für den Aufenthalt des Tags über an das
meistens plächüge »'efellfchan^immer ange>
alien Haufe abloarleu, wo ich doch wenigstens
einige gefällige Teutsche habe, Efsen !an,, ich
ja irgendsouslwo. Ging noch Weiler, ^egeulc-
süeel, Palliuall, Pieadillü, alles prächtig, !> , > >
lich, von Herr abgeleitet, Vunle ^ed,euie,
bogen eine bildele, nillu ,,,el>v so wiinderl'lN' l>0>
,,e!^,,,!,,en sind, Teinplebar mit dem Tor der
Eity, das der Lm'dmayor vor den» >l,>,u,ie
schließt, Fleetstreet, mit all der wimmelnden
^ewegimg einer Handelsstadt, Tureh Triily.
lanc nach Hause.
Abends war Konzert im Trinylane Theater.
> Größtenteils händelsche ^insü, Äusgeivählte
Stücke ans fünf oder iecho i7ratoiien, Ner
Schauplatz vortrefflic!» hergerichtet. Vorn auf
der Nallnstradc der Sopran und Ält >letzterer
von Männern gesungen', dahinter ans in die
«nlisfen emparlanfendcn Stufen Tenor nnd
Baß, Tahintcr das Orchester in eincni tonzen»
ohne oder mit höchst geringer Vcrmchrnng der
Vlasinstrnniente, ganz wie Händel sie schrieb,
gegeben. Tie Wirkung scheint mir viel besser,
Tie Chöre sehr gul, walnschcinlich wegen viel«
maliger Wiederholung, Anfangs anch die Tiilo»
stilnmen gut, Eudlich machte man sich's aber
leichter, nnd es ging so schlecht, daß man siel,
jedoch den unmäßigen Applaus gai
Madame Malibran sang ein paar wenig be»
deutende Ninge, wobei sie sich, sehr gnt, selbst
anf dem Klavier alkompagnierte. Sie ist eine
hinreißende Frau,
Vald hätte ich vergessen. Der Hintergüind
des Schauplatzes ist als gotische .Halle bc.
handelt, mit hineingemaltcn Musikern, so natür-
lich, daß es einen wunderbaren Eindruck von
Unendlichkeit des Orchesters macht. Anch eine
gemalte Orgel fehlt nicht.
Sonntag, den 22, Machte niit fünf oder
sechs der in meinem Hanse wohnenden Teut»
schen, Norwegern und Dänen eine Partie nach
Nichmond, Fnhren um ll. Uhr im Tampfboot
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Grillparzers sämtliche Werke
Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern, Volume II
- Title
- Grillparzers sämtliche Werke
- Subtitle
- Neue illustrierte Ausgabe in zwei Bändern
- Volume
- II
- Editor
- Rudolf von Gottschall
- Publisher
- Hansa-Verlag
- Location
- Hamburg
- Date
- 1906
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.2 x 15.9 cm
- Pages
- 552
- Keywords
- Dramatik, Literatur, Gedichte
- Categories
- Weiteres Belletristik