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Lotze sagt: „Das Weib haßt die Analyse und ist
daher nicht imstande, Wahres vom Falschen zu unter-
scheiden"; Lafitte jedoch: „Das Weib bevorzugt
die Analyse der Dinge, der Mann die Beziehungen
zwischen den Dingen", und Lombroso: „In der Syn-
these und Abstraktion zeigt sich die Intelligenz des
Weibes mangelhaft; ihre Stärke liegt in der feinen
Analyse, in der scharfen Auffassung der Einzelheiten."
Für solche aber, „welche sich etwas zurechtzulegen
wissen", hat Nietzsche im Gegensatz zu einer sonst
fast ungeteilten Anschauung behauptet: „Die Weiber
haben den Verstand, die Männer das Gemüt und die
Leidenschaft."
Selbst ĂĽber die spezifischen EigentĂĽmlichkeiten des
Weibes in der Liebe, einem Gebiete, das doch am
innigsten mit der Geschlechtsnatur verbunden ist,
gehen die Meinungen weit auseinander. So be-
zeichnen die einen die Treue als einen Grundzug
des weiblichen Wesens, da schon durch die Auf-
gaben der Mutterschaft sein Instinkt in der Liebe
auf Dauer gerichtet ist — Krafft-Ebing: „Jeden-
falls ist die seelische Richtung des Weibes eine
monogame, während der Mann zur Polygamie hin-
neigt"; oder Schopenhauer: „Die Liebe des Mannes
sinkt merklich von dem Augenblick an, wo sie Be-
friedigung erhalten hat: er sehnt sich nach Abwechs-
lung. Die Liebe des Weibes hingegen steigt eben
von jenem Augenblick an ... Er sieht sich stets nach
anderen Weibern um, sie hingegen hängt fest dem
einen an". Im Gegensatz dazu sagt Lombroso: „Sicher
ist jedenfalls, daĂź sie (die Weiber), wenn ein anderes
Verhältnis ihnen mehr praktische Vorteile verspricht,
den ersten Geliebten erbarmungslos, oft in der grau-
samsten Weise im Stich lassen"; und Laura Marholm
bestätigt: „Das Weib will spielen, Abwechslung haben,
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Title
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Author
- Rosa Mayreder
- Publisher
- Eugen Diederichs Verlag
- Location
- Jena
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.5 x 16.5 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Vorwort 1
- GrundzĂĽge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges ĂĽber die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299