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unbeschrÀnkte Kinderzahl sind zeitlich parallele Er-
scheinungen, aber sie stehen zueinander nicht in dem
VerhÀltnis von Ursache und Wirkung. Vielleicht,
daĂ beide einen Zusammenhang in den UntergrĂŒnden
des Gesellschaftsstadiums haben, in dem sie auftreten.
Primitive Gesellschaften, die vorwiegend kriegerisch
sind und einen unmĂ€Ăigen Verbrauch an Menschen-
leben aufweisen, mĂŒssen an die AusnĂŒtzung der weib-
lichen Fruchtbarkeit die Ă€uĂersten AnsprĂŒche stellen;
hochkultivierte und daher friedliebendere Gesell-
schaften gewÀhren ihren Mitgliedern ein lÀngeres
Durchschnittsalter, die Erneuerung der Generationen
braucht nicht so rasch vor sich zu gehen, und das
einzelne Individuum, dessen Heranbildung unendlich
mĂŒhsamer, langwieriger und kostspieliger ist als in
primitiven ZustÀnden, reprÀsentiert einen höheren
Wert. Es ist also eine notwendige Konsequenz der
Kultur, daĂ die unbeschrĂ€nkte AusĂŒbung der Mutter-
schaftim sozialenBewuĂtsein nichtmehr von derselben
unvergleichlichen Wichtigkeit umgeben erscheint; und
ebenso unvermeidlich ist es, daĂ die Anzahl der
Frauen, die sich ihr hingeben können, ih demselben
VerhĂ€ltnis abnehmen muĂ, in dem die Ă€uĂeren und
inneren Lebensbedingungen fĂŒr das Individuum kom-
plizierter werden.
Eine Frau, die ihr Leben erfĂŒllen soll, kann es
entweder an eine zahlreiche Familie wenden, oder
an einen Beruf. Wenn sie keines von beiden auf
sich nehmen will oder kann, sinkt der Wert ihres
Lebens im Vergleich zu der Leistung, welche das
weibliche Leben frĂŒherer Kulturepochen bedeuteteâ
denn zehn oder zwölf Kinder geboren und aufge-
zogen, und nebstbei einen Haushalt unter primitiven
ProduktionsverhĂ€ltnissen gefĂŒhrt zu haben, das ist
eine Leistung, die von wenig anderen ĂŒberboten
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Title
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Author
- Rosa Mayreder
- Publisher
- Eugen Diederichs Verlag
- Location
- Jena
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.5 x 16.5 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Feminismus, Soziologie, MachtverhÀltnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Vorwort 1
- GrundzĂŒge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der MĂ€nnlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges ĂŒber die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der IndividualitÀt 261
- Nachwort 299