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Zur Kritik der Weiblichkeit
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Für sie gab es keinen Platz in den Normen, nach denen die sozialen Aufgaben des weiblichen Ge- schlechtes geregelt waren. Es ist noch nicht sehr lange her, seit man diese, über die Durchschnittsnorm der \X^eiblichkeit hinausragenden Individuen unter- schiedslos mit der Bezeichnung „Mannweiber" abzu- fertigen pflegte; denn man konnte sie nur als un- regelmäßige, hybride Erscheinungen betrachten, die störend in das Bestehende und Bewährte eingriffen, und die neuen Geleise, die sie zu bahnen suchten, nur als Irrwege, auf denen das Weib seiner „natür- lichen Bestimmung" entfremdet, aus seinen natür- lichen Grenzen herausgelockt wurde. Auch jetzt sind die Stimmen noch keineswegs völlig verstummt, die vor der gesamten Frauenbewegung als vor einem Symptom der Entartung warnen. Vom Standpunkte der konservativen Geistigkeit aus ist diese Auffassung ganz berechtigt; für die pro- gressiven Intelligenzen bedeutet sie allerdings keinen Vorwurf, sondern eine Auszeichnung. Wie man eine Erscheinung des sozialen Lebens bewerten will, hängt eben in erster Linie davon ab, zu welcher Art Mensch man gehört. Vom Standpunkte der freien Geistigkeit aus ist es ein philiströses Bemühen, allgemeine Normen des psychischen Geschlechtsunterschiedes aufzustellen, an sie zu glauben als an eine Richtschnur, die der Ein- zelne zu befolgen hätte, oder nach denen sein per- sönlicher Wert zu bemessen wäre. Für den freien Geist wird ihre objektive Gültigkeit in dem Augen- blick hinfällig, als hochstehende Individuen auftreten, die ihnen nicht entsprechen; für ihn gibt es lediglich Geschmacksurteile, nach denen jeder das seiner Eigen- art adäquate Individuum des anderen Geschlechtes auswählt. Er sieht nichts Auszeichnendes darin, wenn 92
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. GrundzĂĽge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges ĂĽber die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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