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Zur Kritik der Weiblichkeit
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aber ist es, daß sich im Laufe der Entwicklung ein Fortschreiten der großen Mehrzahl von der Stufe der Normengläubigkeit zur Stufe der freien Geistigkeit vollziehen könnte. Zur freien Persönlichkeit muß man geboren sein wie zu einem anderen Talente, das geistige Produktivität voraussetzt. Denn auch jene freien Persönlichkeiten, deren geistige Bedeutung nicht über die private Sphäre hinausreicht, sind in- sofern produktiv, als sie die Intuitionen, die ihrem Handeln und Urteilen zugrunde liegen, aus sich selbst hervorbringen. Was daher niemals aus dem Leben der progressiven Geistigkeit in den Besitz derNormen- gläubigen übergehen, niemals „Norm" werden kann, das sind die Grundinstinkte und die ganze Gesinnung, die damit zusammenhängt. Es ist ein Vorrecht der Starken, das Leben nach eigenen Impulsen zu ge- stalten, allein es kann keine Maxime für dieSchwachen, also für die Mehrzahl bilden. Auf das Verhältnis zwischen der progressiven und der konservativen Geistigkeit spielt Nietzsche an, wenn er sagt: „Es würde eines tieferen Geistes voll- kommen unwürdig sein, in der Mittelmäßigkeit an sich schon einen Einwand zu sehen. Sie ist selbst die erste Notwendigkeit dafür, daß es Ausnahmen geben darf: eine hohe Kultur ist durch sie bedingt." Und er berührt die gesetzgeberische Mission des freien Geistes mit dem Worte Zarathustras: „Werdet hart, meine Freunde; denn ihr sollt eure Hand auf Jahrtausende legen" — während sein Geistesver- wandter Max Stirner den Kampf gegen alle norma- tiven Bestrebungen bis zu ihrer völligen logischen Ver- nichtung getrieben hat. Max Stirners Werk ist zwar eine große Tat des abstrakten Denkens, die absoluteste Äußerung derzentrifugalen Geistigkeit, aberunfruchtbar für die realen Zustände der menschlichen Gemeinschaft. 7 Mayreder, «ritik der Weiblichkeit 97
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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