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Zur Kritik der Weiblichkeit
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So lange die Frauenbewegung noch völlig revo- lutionär war, hatte sie alle Berechtigung, in dem Normengläubigen nur den Philister schlechtweg zu erblicken. Sie konnte diese ganze Art Mensch ab- lehnen und sich als ihr Gegensatz empfinden, wenig- stens auf dem Gebiete der weiblichen Probleme. Nun ist aber der Augenblick schon gekommen, da sie aus dem revolutionären Stadium in das organisatorische übergehen, das heißt, sich in ein normatives Verhält- jiis zu ihren Anhängern setzen muß. Ihre Forderungen beginnen sich zu realisieren, sind zum Teil schon Rechtszustand geworden, und die wirtschaftlichen Ver- hältnisse bereiten die äußeren Bedingungen ihrer Verwirklichung rasch vor. Damit verändern sich ihre Aufgaben und Perspek- tiven. Was früher der enthusiastischeTraum weniger Einzelner war, hervorgegangen aus den Impulsen starker und ungewöhnlicher Frauen, das Bekenntnis einer über das Durchschnittliche weit hinausführen- den Wesensart, soll nun Gemeingut vieler werden, es soll die neue Norm bilden, nach welcher das Leben dieser Mehrheit einzurichten wäre. Denn dar- unter gibt es natürlicherweise mehr Normengläubige als freie Geister, Menschen, die sich nicht dazu er- heben können, ihre Eigenart in Freiheit auszuleben, unbekümmert um die Meinung und das Verhalten der Gesellschaft, der sie angehören; sie wollen diese Freiheit unter der Form eines neuen Gesetzes be- greifen, als eine neue höhere Sittlichkeit, zu der sich jeder Fortgeschrittene bekennen muß. Werden die Anschauungen der Frauenbewegung diesen Anspruch erfüllen? Oder waren sie vielleicht in ihren wesentlichen Stücken nur auf den Aus- nahmefall der Weiblichkeit zugeschnitten? Müßte nicht, wenn sie sich verwirklichen sollten, eine Ver- 08
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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