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durch tritt der Gegensatz dieser heterogenen Lebens-
ideale deutlich hervor; und wenn die Männer des
frühen Mittelalters Schreiben und Lesen als eine
Beschäftigung für Geistliche und Weiber ablehnten,
so hatten sie vom Gesichtspunkt der kriegerischen
Männlichkeit alle Ursache dazu. Sie witterten hier
mit Recht die Fallstricke, in denen die elementaren
Impulse der Männlichkeit unvermerkt gefangen und
gebrochen werden, die Verführung zu einer Lebens-
weise, die den Unterschied zwischen dem Manne und
dem Weibe aufhebt.
Die Verwandtschaft zwischen dem geistigen Lebens-
ideal und dem weiblichen hat immer in den Augen
der kriegerischen Männlichkeit etwas Herabsetzendes
gehabt. Für sie sind die Friedfertigen und Beschau-
lichen keine ganzen Männer. Jene hingegen, die aus
dem tiefsten Bedürfnis ihrer Wesensart, von Kampf
und Gewalttätigkeit verschont zu bleiben, ein Himmel-
reich schufen, wo das Leben in der Form der sub-
limiertesten Geistigkeit als ein ewiges entzücktes
Schauen gedacht war, betrachteten die Kriegerischen
mit der gleichen Geringschätzung als die schlech-
tere Gattung, die nicht für die Nähe des Göttlichen
taugte. Die christliche Vorschrift hat die Konse-
quenz der Vergeistigung so weit getrieben, daß sie,
streng genommen, jede Betätigung der primitiven
Männlichkeit ausschließt. Daher ist die Gestalt des
frommen Kriegers, der mit der Anwartschaft auf das
Himmelreich dem Berufsmord nachgeht, eine christliche
Absurdität; sie zeigt nur, wie sich Instinkte, die in
den Untergründen des Bewußtseins wirken, mit theo-
retischen Anschauungen paaren, die von außen in das
Seelenleben hineingetragen werden.
Etwas von dieser Absurdität haftet auch an den
modernen Anschauungen über die Männlichkeit. Die
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Title
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Author
- Rosa Mayreder
- Publisher
- Eugen Diederichs Verlag
- Location
- Jena
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.5 x 16.5 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Vorwort 1
- Grundzüge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges über die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299