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Zur Kritik der Weiblichkeit
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Allüren sind Außenseite und Oberfläche; sie gehören zur Konvenienz im Auftreten der Männlichkeit. Aber daß auch die Männer der Geistigkeit von allem Ge- schlechtlichen als Problem peinlich berührt werden, daß sie, die unter sich so freigebig mit Zoten und faunischen Grimassen sind, nichts so sehr scheuen, wie eine ernsthafte Erörterung der sexuellen Fragen und lieber vor den greuelvollen Zuständen nach dieser Richtung die Augen schließen — das deutet darauf, daß hier etwas faul ist an dem Empfindungs- leben der Männlichkeit. Ziehen es denn nicht die meisten Väter vor, ihre jungen Söhne der Führung des Zufalls zu überlassen und sie den schlimmsten physischen und psychischen Gefahren preiszugeben, ehe sie den Entschluß fassen, an diesen Punkt zu rühren— Es gibt keine Worte, um das Verhalten der bür- gerlichen Gesellschaft gegenüber den heranwachsen- den Knaben zu brandmarken. Die Erziehung der Mädchen in sexueller Hinsicht mag eine Unzuläng- lichkeit sein, eine Verkehrtheit, ein Unrecht selbst— die der Knaben ist ein Verbrechen. In einem Alter, in dem ihr Organismus unter den Erschütterungen der beginnenden Mannbarkeit bebt, werden sie wie geschlechtslose Maschinen behandelt, zur Langweile eines verknöcherten Schulstudiums, zur Überreizung einer sitzenden Lebensweise verurteilt, die ganz da- nach angetan ist, ungesunde Regungen zu nähren, um endlich ihre ersten männlichen Erfahrungen in den Armen eines käuflichen Weibes zu machen. Und so stumpfen sie sich schon im eindrucksfähigsten Alter gegen die schmachvolle Entwürdigung ab, die in diesem Wegwerfen des eigenen Leibes liegt, und so werden sie taub gegen das Veto der Natur, die mit Donnerworten gegen die Promiskuität redet und sie 134
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. GrundzĂĽge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges ĂĽber die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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