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Zur Kritik der Weiblichkeit
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das weibliche Geschlecht als das minderwertige und zur Dienstbarkeit bestimmte gilt. Und doch ist es zu einer Lebensform gelangt, in der es das Vorrecht unumschränkter Herrschaft genießt! Das Weib als Dame— sagt man zu viel, wenn man behauptet, daß unter dieser Form ein Teil des weiblichen Ge- schlechtes die glänzendste und genußreichste Ober- hoheit besitzt? Ist die Dame nicht die wahre Herrin und Königin der bestehenden Gesellschaftsordnung? Gehören nicht ihr die wertvollsten Begünstigungen und Annehmlichkeiten, die dieseOrdnungzugeben hat? Zwei Dinge sind die Voraussetzung für diese Exi- stenz: Vermögen und Schönheit. Allerdings berechtigt auch die Abkunft aus einer sogenannten guten Familie dazu; aber die geborene Dame, die nicht von Hause aus versorgt ist, muß gewöhnlich vom Thron herab- steigen, um zu arbeiten, wenn sie nicht in der Schön- heit das Mittel besitzt, einen reichen Gatten und mit ihm eine angemessene Lebensstellung zu gewinnen. So kann man wohl Schönheit als die erste Lebens- bedingung der Dame bezeichnen. Und zwar die durch kunstvolle Pflege gehobene Schönheit noch mehr als die bloß natürliche. Die Künste der Toilette, in denen der weibliche Geschmack eine so hohe Meisterschaft erreicht hat, gehören zu den wichtigsten Lebensauf- gaben der Dame. Nicht ohne Ironie hat Balzac ihr Leben so geschildert: „Sie liebt es, ihre Haare zu glätten, zu parfümieren, ihre rosigen Nägel zu bürsten, in Mandelform zu schneiden, ihre zarten Gliedmaßen häuBg zu baden . . . Ihre Finger scheuen sich, andere als weiche, zarte, duftende Dinge zu berühren . . . Ißt sie? Das ist ein Geheimnis. Teilt sie die Be- dürfnisse der übrigen Arten? Das ist ein Problem . . . Lieben ist ihre Religion . . . Liebe zu ernten, ist das Ziel all ihres Strebens, Verlangen zu wecken, das 140
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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