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Zur Kritik der Weiblichkeit
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„welches dem Recht der Menschheit an seiner eigenen Person widerstreitet", kam das Weib zunächst schlecht weg. Es besaß zwar in der frühchristlichen Welt, sofern es nicht als Geschlechtswesen sondern als „Schwester" betrachtet wurde, die gleiche Verpflich- tung zur Überwindung des Geschlechtes und die gleichen Anrechte auf ein ungeschlechtliches Himmel- reich wie der Mann, aber es war gleichzeitig für den Mann ein Gegenstand der Versuchung, dasjenige Wesen, das in Gestalt der Eva „die Übertretung ein- geführt" und die verhängnisvolle Frucht Adam an- geboten hatte. Die weniger subtilen Geister ver- wechselten damals wie heute das Objekt der Begierde mit der Begierde, was besonders grell durch die fanatische Formel des heiligen Hieronymus ausge- drückt wird, die das Weib „die Pforte der Hölle" nennt. Diese Männer des innerlichen Zwiespahes konnten den schmerzlichen Konflikt, der ihre Seelen zerriß, nur lösen, wenn sie das Weib zugleich mit der ganzen Welt der Zeugung von sich abtaten. Trotz allerTeilnahme derFrauen am christlichen Propheten- und Märtyrertum, trotz all ihren wohlerworbenen und im Evangelium verbürgten Rechten auf Gleichstellung, wird daher weder die erotische noch die juridische Stellung des Weibes in den ersten christlichen Jahr- hunderten wesentlich geändert. Aber in der Entwicklung der jungen Rassen be- hauptet das Irdische sein Recht und findet einen ästhetischen Ausdruck in der Gemütsstimmung derer, die durch ihre Anlagen und Neigungen wurzelecht mit dem Erdendasein verwachsen sind: in den Künst- lern, den Dichtern und der Elite der Weltmenschen, die mit Künstlern und Dichtern gemeinsam dem menschlichen Dasein eine neue, edle Form zu geben streben. Das Leben in hohen und ekstatischen Illu- 10 Mayreder, Kritik der Weiblichkeit 145
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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