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Zur Kritik der Weiblichkeit
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nicht verträgt. Das Weib als Dame, sciieinbar auf den höchsten Gipfs! der schönen Menschlichkeit er- hoben, führt als Individualität ein Leben innerhalb eng gezogener Schranken. Nicht auf freie Entfaltung des Individuellen, sondern auf die Ausbildung und Bewahrung einer Konvention sind die Bedingungen der Damenschaft gestellt. Der Mann des ritterlichen Zeitalters verehrte in der Dame seines Herzens we- niger eine bestimmte, ausgeprägte Individualität als vielmehr einen Komplex von Tugenden und Vorzügen nach konventionellen Begriffen. Daher vollzog sich der Verkehr zwischen der Dame und ihrem Ritter in ziemlicher Ferne und ließ im Grunde eine intimere Lebensgemeinschaft gar nicht zu. Dieses Element des innerlichen Fremdseins ist untrennbar mit dem Wesen der Dame verknüpft; es bildet eine Scheide- wand zwischen den Geschlechtern, die nicht beseitigt werden kann, ohne daß zugleich ein Stück von dem Wesen der Dame fällt. Mit den Ideen der großen französischen Revolution, als die Rechte der Persönlichkeit auch unter den Frauen reklamiert werden, treten aber die Vorstel- lungen der Gleichheit und der Gemeinsamkeit zwischen Mann und Weib in den Vordergrund. Die Erkennt- nis, um welchen Preis die Erziehung zur Dame er- kauft wird, entwertet die Vorrechte, die damit ver- bunden sind, und der Trieb nach freier Selbstbestim- mung bewirkt in einzelnen weiblichen Individuen eine auf völlig geänderten Voraussetzungen beruhende Annäherung an das männliche Geschlecht. Sie lehnen sich gegen die unwürdige und unfreie Stellung auf, die das Gesetz dem weiblichen Geschlecht anweist; aber sie verschmähen zugleich die Huldigungen des gesellschaftlichen Verkehrs, die aus einer phantasti- schen Auffassung der Weiblichkeit hervorgehen. 149
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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