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Zur Kritik der Weiblichkeit
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Page - 173 - in Zur Kritik der Weiblichkeit

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selbst hat von dieser Wesensart fĂŒr sich wenig Gutes zu erwarten. Es liegt eher etwas Tragisches in ihr, eine Vorherbestimmung zu unberechenbaren Leiden, zu Angst und Qual ohne Ende. In sehr vielen FĂ€llen ist das Los solcher Frauen nichts weniger als ein geborgenes Ausruhen in der sicherenHut einer weisen und schĂŒtzenden Macht. Vermöge der Anziehung, welche die GegensĂ€tze aufeinander ausĂŒben, fallen sie nur zu oft gewalttĂ€tigen, unbĂ€ndigen, leidenschaftlichen MĂ€nnern anheim, denen sie durch ihre AbhĂ€ngigkeit auf Gnade und Ungnade ausgeliefert sind. Wer kennt nicht solche schwache, duldsame, sanftmĂŒtige, zĂ€rt- liche Gattinnen, die vor ihrem Manne wie vor einem Elementarereignis zittern, wehrlos gegenĂŒber seiner Eifersucht, seinem Mißtrauen, seiner schlechten Laune, seinem JĂ€hzorn? Am besten kommen dabei noch die Frauen mit sanguinischem Temperament weg, die leichtherzigen, oberflĂ€chlichen, zu Spielereien und TĂ€ndeleien, Listen und Finten geneigten, die Vogel- und Puppennaturen, die Meisterinnen der HintertĂŒren- und Alkoventaktik, die Klugen und Gewandten, die sich aufs Schmeicheln verstehen und die „schwache Stunde" zu benĂŒtzen wissen. Sie alle sind ja gleichfalls zur GenĂŒge als „das Weib" bekannt und beschrieben, wiewohl sie außer der Erotik der Unterordnung wenig oder nichts Gemeinsames haben. Viele von ihnen sind große Schweigerinnen, die nie Auskunft ĂŒber die Heimlich- keiten und dunklen Verstecke ihres Seelenlebens geben— nicht einmal sich selbst; andere sind große SchwĂ€tzerinnen, die alles ausplaudern, ohne Scheu, sich und den Mann ihres Vertrauens bloßzustellen. Dann verrĂ€t sichs manchmal, daß die subjektive Illu- sion, die aus der erotischen Anlage entspringt, stĂ€rker ist als die Erkenntnis der wirklichen VerhĂ€ltnisse. 173
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, MachtverhÀltnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. GrundzĂŒge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der MĂ€nnlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges ĂŒber die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der IndividualitÀt 261
  13. Nachwort 299
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