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Der Mann ist nicht immer der strenge Herr und
Gebieter, als den ihn seine Frau empfindet; allein sie
liebt die starke Faust— und folglich muß er sie be-
sitzen.
Diese Frauen fordern geradezu UnterdrĂĽckung,
auch wenn sie darunter leiden mĂĽssen. So wie sie
Eifersucht als einen Beweis der Liebe ansehen —
und wohl deshalb, weil ihnen die Eifersucht des
Mannes jene Furcht einflößt, die ihnen Widerstands-
fähigkeit gegenüber der Versuchung gibt und als Er-
satz für die mangelnde persönliche Willenskraft
dient— so finden sie auch an stärkeren Gewalt-
ausbrĂĽchen noch Wohlgefallen, da sie als Ausdruck
der wehrhaften Mannheit das SicherheitsgefĂĽhl in
ihnen bestärken. Wo die Sitten primitiv sind, wie
in der bäuerlichen Bevölkerung, gelten sogar Schläge
als ein Beweis echter Zuneigung des Mannes; sehr
bekannt ist ja die Anekdote von jener weinenden
Frau, die auf die Frage, warum sie so untröstlich
sei, die Antwort gab, ihr Mann liebe sie nicht mehr,
denn er habe sie schon seit einer Woche nicht ge-
schlagen.
Etwas von dieser Empfindungsweise der primitiven
Weiblichkeit hat Jacobsen in der Gestalt der Marie
Grubbe dargestellt, in der Frau, die aus den Höhen
der Gesellschaft in deren tiefste Niederungen herab-
steigt, um dem Manne ihres Herzens anzugehören.
Als er, der ehemalige Knecht, sie eines Tages prĂĽ-
gelt, ist sie selbst erstaunt ĂĽber sich, daĂź kein Ge-
fühl rasenden Hasses in ihr entsteht; und sie fährt
fort, ihn ĂĽber Alles zu lieben, weil er eben ein Mann
ist, der vor nichts in der Welt zurĂĽckschreckt, um
seinen Willen durchzusetzen.
Ăśberdies wird der Typus der erotischen Unterord-
nung— der Marholmsche, wenn man aus den zahl-
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Title
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Author
- Rosa Mayreder
- Publisher
- Eugen Diederichs Verlag
- Location
- Jena
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.5 x 16.5 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Vorwort 1
- GrundzĂĽge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges ĂĽber die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299