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reichen Widersprüchen desselben die einheitlichen
Bestandteile aneinander gliedert— in unzähligen Ge-
stalten der Literatur verkörpert und gefeiert, viel-
leicht in der bekanntesten und gesteigertsten als
Käthchen von Heilbronn. Er kann als der durch-
schnittliche, als der landläufige betrachtet werden,
a!s derjenige, der gewöhnlich gemeint ist, wenn ge-
sagt wird: „das Weib".
Und dennoch gibt es Anzeichen, daß er nicht der
allgemeinste, nicht der „normale", nicht das eigent-"
liehe Weib sei.
Ebenso häufig wie die Voraussetzung, daß das
Empfindungsleben bei dem weiblichen Geschlecht
durch die Persönlichkeit des Mannes bestimmt wird,
ist die Auffassung, daß das Weib im Manne nicht
so sehr die Persönlichkeit, als vielmehr den Vater
ihres Kindes sucht. Viele sagen, der Trieb der Mutter-
schaft erfülle die Seele des Weibes so ganz, daß
für den Mann selbst nur ein Platz an zweiter Stelle
übrig bleibt. Zum Beispiel Krafft-Ebing: „Während
der Mann zunächst das Weib und in zweiter Linie
die Mutter seiner Kinder liebt, findet sich im Be-
wußtsein der Frau im Vordergrunde der Vater ihres
Kindes und dann erst der Mann als Gatte." Oder
Lombroso: „Die Liebe des Weibes (zum Manne) ist
im Grunde nichts als ein sekundärer Charakter der
Mutterschaft." Oder Arne Garborg: „Das Weib liebt
nicht wie wir. Ihre Neigung bedeutet, daß ihr Kind
nun einmal einen Vater braucht; es ist nicht so über-
mäßig wichtig, ob es der oder jener ist." Und noch
andere mehr.
Soweit die Frauen der Mutterschaft zur altruistisch-
sentimentalen Variante ihrer Gattung gehören, stehen
sie in ihrer Erotik den Frauen der Unterordnung
nahe; soweit sie aber der egoistisch-frigiden Art an-
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Title
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Author
- Rosa Mayreder
- Publisher
- Eugen Diederichs Verlag
- Location
- Jena
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.5 x 16.5 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Vorwort 1
- Grundzüge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges über die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299