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Zur Kritik der Weiblichkeit
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schwache Seite der Frauenbewegung, daß sie das Unterordnungsbedürfnis der weiblichen Psyche bloß aus Erziehungseinflüssen herleiten und seine erotische Basis nicht bemerken will— aber die Wurzeln des Konfliktes, unterdem jene Frauen leiden, reichen tiefer in die seelische Konstitution hinab als die Macht theo- retischer Anschauungen. Die Entwicklung zur selb- ständigen Persönlichkeit, deren Ausdruck die modernen Frauenbestrebungen sind, bringt in manchen Fällen eine Dyskrasie des Wesens mit sich, eine schlechte Mischung zwischen den Tendenzen der weiblichen Sexualität, die nach Unterordnung, und den Tendenzen der Persönlichkeit, die nach Unabhängigkeit strebt. Solche Frauen suchen vermöge ihrer erotischen Eigen- art gerade diejenigen Eigenschaften an dem Manne ihrer Wahl, die sie doch in ihrem außergeschlecht- lichen Leben nicht ertragen können. Als Weib be- gehren sie nach dem, was sie als Persönlichkeit ver- abscheuen. Ihre Geschlechtsnatur fordert die herrische Überlegenheit des Mannes, weil nur durch Vorstel- lungen des Unterworfenseins, des Beherrschtseins ihre Erotik geweckt wird; aber ihr Wille zur Selbst- bestimmung lehnt sich gegen die Unterwerfung auf, sobald deren Konsequenzen außerhalb der erotischen Sphäre fühlbar werden. Für sie gibt es keinen Weg zu einem harmonischen Verhältnis auf sexueller Grundlage. Sie sind zum Unglück verdammt wie alle Menschen des inneren Zwiespaltes. Die Spuren dieser Dyskrasie, die noch so wenig beachtet worden ist, obwohl sie so oft das Verhängnis mißglückter Liebesbeziehungen bildet, lassen sich an dem Schicksal vieler hervorragender Frauen verfolgen, bei Mary Wollstonecraft, bei Marie Baschkirtzew und vielleicht am deutlichsten bei Sonja Kowalewska. Man hat dieses Schicksal aus dem Mißverhältnis 180
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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