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natur, der sich legitimieren will? Die meisten Män-
ner sind Moralisten gegenüber dem Weibe. Sie
begnügen sich nicht, ihre Ansprüche an die Weib-
lichkeit aus ihrem Geschmack und ihren Neigungen
zu rechtfertigen und ihre Wesensart in einem indi-
viduellen Verhältnis zu einer ihnen adäquaten Frauen-
natur auszuleben: sie dulden keine Abweichungen
von der Regel, die ihrer Wahl entspricht; sie be-
strafen die^e Abweichungen nicht bloß mit ihrem
persönlichen Mißfallen, sie brandmarken sie als „Ent-
artung" von dem allein gültigen Normalen. Aus
den Wünschen und Bedürfnissen dieser Männer
ist die „echte" Weiblichkeit konstruiert; sie haben
die Konvention geschaffen, nach welcher alles Weib-
liche sich bilden soll. Und die Vorstellungen, die
jener Konvention zugrunde liegen, lassen sich un-
schwer als das Negativ erkennen, das den Forderungen
einer bestimmten männlichen Wesensbeschaffenheit
entspricht.
Jene ironische Definition Arne Garborgs: „Weib-
lichkeit ist der Inbegriff all der Eigenschaften und
Eigenheiten, der Vorzüge und Fehler, welche das
Weib für den Mann begehrenswert machen", weist
darauf hin, was es im Grunde für eine Bewandtnis
mit dem Inbegriff der Weiblichkeit hat. Vor allem
sind es zwei Forderungen, die dabei in Betracht kom-
men. Sie treten unter sehr verschiedenen Namen
auf; aber auf ihren allgemeinsten Inhalt zurückgeführt,
können sie als Schönheit und als Schwäche bezeichnet
werden. Man wird unter den kanonischen Vorzügen
der schönen Weiblichkeit kaum einen finden, der nicht
unter diese beiden Kategorien zu reihen wäre.
Die unumwundenste der zahlreichen Formeln, wel-
che die Schönheit zum Gesetz des Weibes erheben,
hat Neufville gegeben: „Schönheit ist die Mission
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Title
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Author
- Rosa Mayreder
- Publisher
- Eugen Diederichs Verlag
- Location
- Jena
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.5 x 16.5 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Vorwort 1
- Grundzüge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges über die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299