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Zur Kritik der Weiblichkeit
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des Weibes; unter einer anderen Bedingung existiert es nicht." Zahmere Fassungen reden davon, daß Anmut und Schönheit das Genie des Weibes sind, oder daß die Stelle, welche beim Manne die Ethik vertritt, beim Weibe durch die Ästhetik eingenommen wird. Aus dieser Auffassung, daß das weibliche Ge- schlecht vorzüglich das ästhetische sein soll, gehen alle jene Bestimmungen hervor, die das Weib ver- pflichten, „ein Spiegel des Geziemenden" (Julius Düboc) zu sein, oder auch die Repräsentantin dessen, was „das holde Maß" genannt wird— Bestimmungen, die deutlich erkennen lassen, daß sie nicht aus der ursprünglichen Natur des Weibes abgeleitet sind. Denn die Eigentümlichkeit, auf psychische und physische Reize rascher zu reagieren, die man dem weiblichen Nervensystem zuzuschreiben pflegt, disponiert zu hef- tigeren Äußerungen der Affekte, also keineswegs zu jener Zurückhaltung, welche das „holde Maß" fordert. Unter die Kategone der Schwäche fallen alle Eigenschaften, welche den Anschein des Schutzbedürf- tigen, Unterwürfigen, Abhängigen erwecken können. Die Ehe, als der einzige Beruf, für den die weib- liche Erziehung vorbereitet, ist hier das Bestimmende. Da nach der herrschenden Auffassung die Ehe ein völliges Aufgeben der Persönlichkeit für die Frau bedeutet, wird die lenksamste, nachgiebigste, unselb- ständigste aller Wahrscheinlichkeit nach auch die ge- eignetste dazu sein. Es ist eine Art Durchschnitts- berechnung, auf der die Erziehungsschablone in die- ser Hinsicht beruht. Nicht die edelste, nicht die vornehmste, nicht die differenzierteste Männlichkeit ist es, die hier den Maßstab liefert, es ist die ge- wöhnlichste, die häufigste, die bekannteste, diejenige, mit welcher man eben rechnen muß. Und für diese Art der Männlichkeit wird eben- 203
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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