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Zur Kritik der Weiblichkeit
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falls wieder das Dutzendmäßige am besten passen, das Brauchbare, das Unbeschwerliche, das, was die wohlfeilsten Annehmlichkeiten gewährt. Nur ein schwaches Wesen kann sich leicht und von selbst unterordnen; Fügsamkeit, Nachgiebigkeit, Unselbstän- digkeit sind bloße Begleiterscheinungen der Willens- schwäche. Die Frauen sind nicht allein schwach an Willen, sie „sollen" es sein. Durch den Mann erst erhält das Weib ihre Persönlichkeit— das ist eine Lieblingsvorstellung der Männlichkeit. Nietzsche leiht ihr mit dem Worte Ausdruck: „Der Mann macht sich das Bild des Weibes, und das Weib bildet sich nach diesem Bilde." Und in seinem Buche über die Liebe sagt Michelet: „Du mußt deine Frau schaffen; es ist ihr eigener Wunsch. Wir Männer sind Arbeiter, Schöpfer, Baumeister— die wahren Söhne des Pro- metheus. Wir wollen nicht eine fertige Pandora, sondern eine, die wir selbst machen." Noch deutlicher als in der Fichteschen Formulie- rung verrät sich hier die subjektive erotische Phan- tasie als Ursprung dieser Voraussetzung. Die Vor- stellung, ein Wesen mit bestimmten angeborenen Eigenschaften—und auch das willensschwächsteWeib ist ein solches Wesen— nach eigener Willkür erst „schaffen" zu können, stammt nicht aus der Beob- achtung wirklicher Vorgänge; sie gehört unter jene Illusionen, an denen die psychosexuellen Beziehungen der Menschen so reich sind. Allein die weibliche Erziehung kommt dieser Il- lusion bereitwillig entgegen. Damit ein solches Schaffen den Anschein der Möglichkeit habe, ist es notwendig, daß die Mädchen unentwickelte, unwis- sende, ja unpersönliche Wesen bis zu der Epoche bleiben, als sie ihren „Schöpfer" finden. Die Methode der weiblichen Erziehung ist darauf gerichtet, einen 204
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. GrundzĂĽge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges ĂĽber die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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