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Zur Kritik der Weiblichkeit
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die entgegengesetzte abgelöst; jede Spur von Ge- schlechtsstolz ist in Hingebung geschmolzen. Bei dem erotischen Genie entfaltet die Anmutung, die es durch das Weib empfängt, die höchsten Seelen- kräfte. Ihm erscheint das Weib als die Vermittlerin zwischen der sinnlichen Welt und der Gottheit— wie Sophie von Kühn bei Novalis; als die Führerin zur Vollendung— wie Beatrice bei Dante; als die Spenderin aller Erkenntnis und alles innerlichen Lebens — wie Vittoria Colonna bei Michelangelo, der schrieb: „Von meinen Lippen kommt dein Geist geflossen, Von deinem Willen ist mein Will' umschlossen, Und mein Gefühl ist deiner Brust entsprossen. Mein Wesen deucht mir gleich dem Mond gesponnen— Empfing er nicht sein Licht vom Licht der Sonnen, Sein Leuchten hätte nimmer noch begonnen." Und auch Goethe hat dem Einfluß der Charlotte von Stein in seinem Leben das Höchste zugeschrieben, indem er sie Shakespeare an die Seite stellte: „Lida, Glück der nächsten Nähe, William, Stern der schönsten Höhe, Euch verdank ich, was ich bin. Tag und Jahre sind verschwunden, Und doch ruht auf jenen Stunden Meines Wertes Vollgewinn." Die Fülle lieblicher und holdseliger Vorstellungen, mit denen die Phantasie der genialen Erotik das Ge- schiechtsverhältnis ausgestattet hat, gehört zu den edelsten Schätzen des menschlichen Geisteslebens; und die Literatur aller Völker gibt Zeugnis davon, wie völlig die erotische Genialität, wenn sie mit der künstlerischen gepaart ist, in die weibliche Psyche unterzutauchen, wie lebendig sie diese aus sich heraus- zustellen vermag. An der individualisierten und ver- tieften Charakteristik, die ein Dichter seinen Frauen- ?32
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. GrundzĂĽge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges ĂĽber die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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