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Zur Kritik der Weiblichkeit
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unbedingter Wahrhaftigkeit und Redlichkeit des Den- kens war, durch die Vorstellung: „Nichts ist von An- beginn dem Weibe fremder, widriger, feindlicher als Wahrheit— seine große Kunst ist die Lüge, seine höchste Angelegenheit ist der Schein und die Schön- heit. Gestehen wir es, wir Männer: wir ehren und lieben gerade diese Kunst und diesen Instinkt am Weibe: wir, die wir es schwer haben und uns gerne zu unserer Erleichterung zu Wesen gesellen, unter deren Händen, Blicken, zarten Torheiten uns unser Ernst, unsere Schwere und Tiefe beinahe wie eine Torheit erscheint." Diese Verherrlichung der weiblichen Lügenhaftig- keit und Oberflächlichkeit gehört zu den seltsamsten Beispielen der Geschlechtsidolatrie. Man vergleiche damit den Grimm und Abscheu, mit dem die Männer des Mißtrauens und der Unehrlichkeit— insbesondere jene, die an ihrem eigenen mißtrauischen und unehr- lichen Wesen leiden, die sich gerne darüber erheben möchten— von den gleichen weiblichen Eigenschaften reden, wie hoch sie die Einfalt und Gefühlstiefe am „echten" Weibe preisen. Nicht anders die Unmäßigen, die Zügellosen, die Lasterhaften unter den Männern, die das Weib als Idol des schönen Maßes, der Züchtig- keit, der Reinheit anzubeten pflegen. Die Herrschaft, die das subjektive Phantasiebild im Seelenleben des Einzelnen ausübt, erreicht zu- weilen die Gewalt einer fixen Idee; aber auch wo es nicht diesen wahnhaften Charakter annimmt, bleibt es eine der stärksten und unüberwindlichsten Illu- sionen. Steht es doch in inniger Beziehung zu der wichtigsten Angelegenheit, die das menschliche Trieb- leben außer der Selbsterhaltung kennt: zur geschlecht- lichen Auswahl. In den Liebesbeziehungen gewinnt das subjektive Geschlechtsidol seine größte Bedeu- 251
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. GrundzĂĽge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges ĂĽber die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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