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Zur Kritik der Weiblichkeit
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Page - 253 - in Zur Kritik der Weiblichkeit

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Das subjektive Phantasiebild bestimmt das indivi- duelle Verhältnis zwischen dem einzelnen Mann und dem Weibe seiner Wahl: zum Glücke der Beteiligten, wenn die reale Person des Weibes dem Idole ent- spricht— als Verhängnis, wenn sich das Idol mit der unrechten Person verknüpft. An den Irrtümern, die den mißglückten Liebesverhältnissen zugrunde liegen, hat die Herrschaft des subjektiven Phantasiebildes einen großen Anteil. Der Kampf zwischen dem imma- nenten und dem empirischen Weibe wird oft in seiner ganzen Gewalt aus den leidenschaftlichen Anklagen und Vorwürfen sichtbar, aus dem verzweiflungsvollen Schwanken zwischen Haß und Liebe, welches den Auflösungsprozeß solcher Verhältnisse begleitet. Bis zum äußersten gesteigert, mit einer abstoßen- den pathologischen Note, aber großer künstlerischer Aufrichtigkeit, erscheint dieser Kampf in Strindbergs „Beichte eines Toren". Aus der Verworrenheit, In- konsequenz und Launenhaftigkeit der Leidenschaft, die da bald mit Wutausbrüchen, bald in ohnmächtiger Ratlosigkeit an das Urteil des „aufgeklärten Lesers* appelliert, tritt bald das Idol, bald die reale Person des Weibes hervor, je nach den Umständen, in wel- chen der Autor lebt. Wenn er mit seiner Geliebten dauernd beisammen ist, verdrängt die reale Person das Idol und erfüllt ihn mit argwöhnischer Unruhe; wenn er sich von ihr entfernt, „steigt das Phantom des bleichen, jungen Weibes, das Spiegelbild der Jungfrau Mutter" vor ihm auf; „das Bild der zügel- losen Komödiantin" ist aus seinem Gedächtnis weg- gewischt. Man kann erraten, daß diese Frau sich unter dem suggestiven Einfluß seines Idoles anders gibt als sie ist; sobald sie aus der Rolle fällt, wird sie für ihn ein Gegenstand des Absehens und der Verachtung. Er vermag absolut nicht, sich irgend 253
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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