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Zur Kritik der Weiblichkeit
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eine klare und zutreffende Vorstellung von ihrer wirk- lichen Beschaffenheit zu machen; schon allein der Gedanke, daß sie sexueller Regungen fĂ€hig sein könnte, bringt ihn außer Rand und Band: „sollte diese kalte und wollĂŒstige Madonna zur Klasse der ge- borenen Dirnen gehören?"— Es gibt keine UnwĂŒrdig- keit, die er ihr, wĂ€hrend er mit ihr vereinigt ist, nicht nachsagte; er schĂ€umt vor Bosheit und TĂŒcke wider sie, vergleicht sie mit der Spinne, die ihren Mann auffrißt— und kaum ist er von ihr getrennt, wiederholt sich dasselbe Spiel: „Die Madonna meiner ersten LiebestrĂ€ume taucht empor, und das geht so weit, daß ich bei einem Zusammentreffen mit einem alten Kollegen von der Journalistik gestehe, daß ich durch ein edles Weib demĂŒtiger und reiner geworden bin.* Alle die unendlich verschiedenen Frauencharak- teristiken, die als Aussagen ĂŒber „das Weib" in der Literatur aller Zeiten niedergelegt sind, sie geben auch Zeugnis fĂŒr die Mannigfaltigkeit der Idole, welche die mĂ€nnliche Phantasie hervorbringt. Man kann diese Idole nach dem RangverhĂ€ltnis gruppieren, das sich in ihnen ausspricht, jenem RangverhĂ€ltnis, in das sich der Mann als Person zu dem Weibe als Person setzt. Da das mĂ€nnliche Geschlecht gemĂ€ĂŸ der Ă€ußeren Ordnung der Dinge das erste und herrschende ist, wird gerade das geschlechtliche RangverhĂ€ltnis, wie es sich in der Vorstellung des einzelnen Mannes voll- zieht, zu einem individuellen Kennzeichen von beson- derem Gewicht. GemĂ€ĂŸ der Ă€ußeren Ordnung der Dinge kann der Mann das Weib nur unter sich stellen. In dieser Ordnung herrscht das Idol der Leibeigenen. Trotzdem spielt in der Kulturgeschichte das Idol, das der Mann ĂŒber sich stellt, das Idol des »höheren 254
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, MachtverhÀltnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. GrundzĂŒge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der MĂ€nnlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges ĂŒber die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der IndividualitÀt 261
  13. Nachwort 299
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