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Zur Kritik der Weiblichkeit
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je angenommen hat, Dantes Beatrice und Petrarcas Laura, verleugnen diese Distanz nicht; wie denn als die eigentliche Domäne des ritterlichen Idoles, das Berührungen mit der Realität am schlechtesten ver- trägt, die Poesie erscheint: indes der herrische Erotiker, der, bar aller Romantik, seine Vorstellungen aus dem Lehm des täglichen Lebens knetet, sich das Weib ganz für den Hausgebrauch zurechtgemacht hat. Vielleicht das einzige, das in sich selbst die Be- dingungen eines wirklichen Verständnisses, eines wirk- lichen Naheseins zwischen Mann und Weib enthält, ist das Idol der Gefährtin, die subjektive Vorstellung, daß das Weib nicht über, noch unter dem Mann, sondern neben ihm steht, in einer menschlichen Ge- meinschaft, deren sexuelle Differenzierung ebenso- wenig aus seiner intellektuellen wie aus seiner phy- sischen Überlegenheit entspringt. Dieses Idol wird öfters, und namentlich von den Rigoristen unter den herrischen Erotikern, für eine schwächliche Erfindung des modernen weiblichen Denkens ausgegeben, oder auch für ein Verfallsprodukt, weil es erst seit den Tagen der großen französischen Revolution existiert. In Wahrheit ist es aber von weit älterer Abkunft; einige der herrlichsten Geister des Altertumes, wie Plato und Plutarch, haben es gekannt; und wenn man der Erzählung von Maria und Martha eine symptomatische Bedeutung beimessen darf, so hat auch Jesus den Willen zur geistigen Gemeinsamkeit am Weibe dem Willen zum Dienen vorgezogen: „Maria hat das bessere Teil erwählt, das soll nicht von ihr genommen werden." Diese drei Typen treten in Wirklichkeit weder so streng gesondert, noch so deutlich ausgesprochen hervor; auch erschöpfen sie keineswegs die Mannig- faltigkeit der subjektiven Idole. Von anderen Kenn- 17 Mayreder, Kritik der WeiblichlieU 257
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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