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als einer Vereinigung männlicher und weiblicher
Funktionen ganz deutlich.
Selbst der spiritualisierte GottesbegrifF, dessen
Träger das Judentum war, enthält Anklänge an die
Vorstellung der Doppelgeschlechtlichkeit. In der
hebräischen Kabbala erscheint die „Schwester des
Alten" unter dem Namen Schekinah als Teil der
göttlichen Trinität. Nach einer gleichfalls der jüdi-
schen Mystik angehörenden Vorstellung ist Gott ein
männliches, der heilige Geist ein weibliches Urwesen,
aus deren geschlechtlicher Vermischung der Sohn
und mit ihm die Welt entstanden. (Feuerbach.)
Diese Auffassung zieht sich bis in das christliche
Denken herein: es gibt Anhaltspunkte, daß der heilige
Geist, der in der Gestalt der Taube vorgestellt wird,
ursprünglich das weibliche Element in der Dreieinig-
keit bildete, und unter den frühen christlichen Sekten
waren auch solche, die im heiligen Geist eine weib-
liche Gottheit verehrten; ja noch die Herrenhuter
nannten den heiligen Geist die Mutter des Heilands.
Nach den herrschenden religiösen Anschauungen ist
allerdings das weibliche Element aus der Dreieinig-
keit ausgeschieden worden, um in der Gestalt der
Muttergottes, der unbefleckten Jungfrau, eine beson-
dere Stellung zu erhalten.
Auch in dieser Gestalt wirkt noch eine alte reli-
giöse Vorstellung fort: die Vorstellung der außer-
geschlechtlichen oder doch übernatürlichen Zeugung.
Danach werden Menschen von besonderer, höherer
Bedeutung außerhalb des gewöhnlichen Geschlechts-
vorganges geboren, entweder durch ein Herabsteigen
der Gottheit unter physischen Bedingungen wie bei
den griechischen Heroen, oder von einer jungfräu-
lichen Mutter durch eine bloß spiritualistische Ein-
wirkung des Göttlichen, wie in der Legende von
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Zur Kritik der Weiblichkeit
- Title
- Zur Kritik der Weiblichkeit
- Author
- Rosa Mayreder
- Publisher
- Eugen Diederichs Verlag
- Location
- Jena
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 10.5 x 16.5 cm
- Pages
- 316
- Keywords
- Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
- Category
- Geisteswissenschaften
Table of contents
- Vorwort 1
- Grundzüge 7
- Mutterschaft und Kultur 48
- Die Tyrannei der Norm 85
- Von der Männlichkeit 102
- Das Weib als Dame 139
- Frauen und Frauentypen 157
- Familienliteratur 187
- Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
- Einiges über die starke Faust 210
- Das subjektive Geschlechtsidol 244
- Perspektiven der Individualität 261
- Nachwort 299