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Zur Kritik der Weiblichkeit
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Buddha und von Christus. Denn der Überwinder des gewöhnlichen, geschlechtlich unfreien Menschentumes konnte seinen Ursprung nicht dem verdanken, was den Menschen an das niedrige Leben bindet. In einer späteren Paraphrase findet sich noch bei Para- celsus, der die Geschlechtsteile ein „monstrosisch Zeichen" nennt, der Gedanke, daß die Fortpflanzung des Menschen nach dem ursprünglichen Schöpfungs- plan nicht nach „viehischer Weise", nicht „salni- trisch" geschehen sollte, sondern „iliastrisch", durch magische Imagination— auf die Weise, wie Gott aus sich die Welt geschaffen hat. Dieser iliastrische Mensch, der ursprüngliche, gott- ähnlich vollendete, der Mensch vor dem Sündenfall, wird als ein doppelgeschlechtliches Wesen gedacht. Die jüdische Mystik kennt einen Adam Kadmon, den ersten Adam, den Gott unsterblich und vollkommen als ein mannweibliches Geschöpf in die Welt gesetzt hatte— eine Vorstellung vom Urmenschen, die auch bei der gnostischen Sekte der Ophiten auftritt— um später, zur Strafe seiner Überhebung, die weibliche Hälfte in Gestalt der Eva von ihm loszulösen. Mit dieser Mythe verwandt ist die bekannte Erzäh- lung des Aristophanes in Piatons Gastmahl. Auch hier erscheinen die Menschen in ihrer Urgestalt so geschaffen, daß sie beide Geschlechter in sich ver- einigen. In diesem Zustande waren sie so voll Stärke und großer Gedanken, daß Zeus daran gehen mußte, ihre Kraft zu beschränken, weshalb er sie ausein- anderschnitt und als Hälften weiterleben ließ. Da nun jeder Mensch nur das Stück von einem ehema- ligen Ganzen bildet, suchen noch immer die beiden Teile wieder eins zu werden; und die Liebe ist der Ausdruck fürdieses Streben, die ursprünglicheVollkom- menheit der menschlichen Natur wieder herzustellen. 267
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Zur Kritik der Weiblichkeit
Title
Zur Kritik der Weiblichkeit
Author
Rosa Mayreder
Publisher
Eugen Diederichs Verlag
Location
Jena
Date
1922
Language
German
License
PD
Size
10.5 x 16.5 cm
Pages
316
Keywords
Feminismus, Soziologie, Machtverhältnisse, Geschlechterkampf, Frauen
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorwort 1
  2. Grundzüge 7
  3. Mutterschaft und Kultur 48
  4. Die Tyrannei der Norm 85
  5. Von der Männlichkeit 102
  6. Das Weib als Dame 139
  7. Frauen und Frauentypen 157
  8. Familienliteratur 187
  9. Der Kanon der schönen Weiblichkeit 199
  10. Einiges über die starke Faust 210
  11. Das subjektive Geschlechtsidol 244
  12. Perspektiven der Individualität 261
  13. Nachwort 299
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