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DAS ZEREMONIELL, DER WIENER HOF UND DAS ENDE DES ALTEN REICHES 11
Verbindung gebracht.21 Während der Wiener Hof seit dem 17. Jahrhundert
Zeremonialprotokolle führte, wurde zu Beginn des 19. Jahrhunderts ein
Etiquette-Normale – der in dieser Edition vorliegende Text – verfasst.
Trotz der skizzierten Wandlungsprozesse erwies sich das Zeremoniell
auch im 19. Jahrhundert nicht als überholtes Legitimationsmodell monar-
chischer Herrschaft, sondern diente weiterhin der „Ansehensgewinnung und
-steigerung“22 des Fürsten – und das nicht nur in Wien.23 Die Relevanz der
Etiquette im 19. Jahrhundert in Hinblick auf die Legitimation von Herr-
schaft zeigt sich exemplarisch an dem Umstand, dass Napoleon 1806 ein
„Étiquette du Palais impérial“ in gedruckter Form veröffentlichen ließ. Der
Text fand weite Verbreitung und ist im Kontext der seit 1804 einsetzenden
„monarchischen und zunehmend dynastisch orientierten Umgestaltung“24
der Herrschaft des französischen Kaisers zu verorten. Er liegt in einer fran-
zösischen und einer deutschen Variante in den Akten des Hofzeremonialde-
partements in Wien.25 Inhaltlich handelt es sich bei dem „Étiquette du Palais
impérial“ nicht um ein theoretisch-juristisch fundiertes Zeremoniell im baro-
cken Sinn,26 sondern um Verhaltensregeln, die am napoleonischen Hof ein-
zuhalten waren. In zwölf Abschnitten werden beispielsweise die Funktionen
der einzelnen Hofämter und Hofdienste beschrieben (Titre I), der idealtypi-
sche Tagesablauf des Monarchen dargestellt (Titre III) und die Formen der
„großen Parade“ skizziert (Titre VIII). Damit ist dieses Etiquette ein Beispiel
für jenen Prozess, den Vec als Reduktion der Semantik des Begriffs „Zere-
moniell“ „auf eine feierlich-förmliche Handlung“27 beschrieben hat, das aber
zugleich den Pariser Kaiserhof – zusammen mit einer Reihe weiterer von
Napoleon initiierter Maßnahmen – in die Tradition der bourbonischen Dy-
nastie stellen sollte.28 Eine Beeinflussung des hier publizierten „Etiquette-
Normale für den österreichischen Kaiserhof“ durch die französische Publi-
kation ist, obwohl der österreichische Hof offenbar Interesse an dem Text
bezeugte, nicht feststellbar.
21 zedler, Universal-Lexicon, Bd. 8, Sp. 2039. duindaM, Vienna and Versailles, S. 179. Zum
spanischen Hofzeremoniell vgl. hofMann-randall, Spanisches Hofzeremoniell.
22 Vec, Zeremonialwissenschaft, S. 404.
23 Vgl. z. B. Möckl (Hg.), Hof und Hofgesellschaft. barclay, König. bleich, Der Hof des Königs.
Schneider, Wiener Zeremoniell. SchWengelbeck, Politik des Zeremoniells.
24 carl, Erinnerungsbruch, S. 174.
25 ÖStA, HHStA, OMeA, HZD, SR, Kart. 9, Fasz. 6 und 13.
26 Vec, Zeremonialwissenschaft.
27 Ebd., S. 406.
28 Vgl. dazu Solnon, Cour, S. 447–473. ManSel, The Eagle. derS., The Court, S. 48–90.
Norm und Zeremoniell
Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Title
- Norm und Zeremoniell
- Subtitle
- Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Editor
- Karin Schneider
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2019
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20903-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 202
- Category
- Kunst und Kultur
Table of contents
- 1. Einleitung 8
- 2. Editionsrichtlinien 25
- 3. Edition 27
- Anmerkungen 169
- 4. Glossar 171
- 5. Verzeichnis der Paragraphen 180
- 6. Abkürzungsverzeichnis 182
- 7. Bibliographie 184
- 7.1 Ungedruckte Quellen 184
- 7.2 Gedruckte Quellen 184
- 7.3 Nachschlagewerke 185
- 7.4 Literatur 186
- 8. Personenregister 194