Page - 14 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
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schlüssen ab Mitte März 2020 der Fall sein dürfte.6 Erfasst die Klausel das
Pandemie-Risiko, weil es bei Vertragsschluss unvorhersehbar war, so gilt
zwischen den Parteien das, was sie in der Force Majeure-Klausel geregelt
haben.7 Beispielsweise entfällt eine Leistungspflicht, weil höhere Gewalt
vorliegt, oder jemand wird von seiner Zahlungspflicht frei, oder der Ver-
trag wird aufgehoben. All das ist möglich, wenn die Parteien es wirksam
vereinbart haben. Im Verkehr zwischen Unternehmen wird eine solche
Klausel ĂĽblicherweise auch nicht an sich unangemessen benachteiligend
sein, sodass eine solche Gestaltung auch in AGB möglich ist.8
Das Gleiche gilt fĂĽr Material Adverse Change-Klauseln (MAC-Klauseln),
die sich häufig bei Unternehmenstransaktionen,9 aber auch in Kreditver-
trägen10 finden. Hier ist es eine Frage der genauen Formulierung der Klau-
sel, ob die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie eine solche Veränderung
wesentlicher Umstände darstellen; in diesem Fall gilt ebenfalls das, was in
der Klausel stipuliert ist. So kann etwa vereinbart sein, dass die Transakti-
on aufgehoben oder angehalten wird, bis die Umstände in Nachverhand-
lungen o.ä. mitberücksichtigt werden.
Gesetzlicher Rahmen
Wo die Parteien allerdings keine explizite vertragliche Risikozuordnung
vorgenommen haben, insbesondere das Risiko höherer Gewalt nicht aus-
drĂĽcklich einer Partei zugewiesen oder anderweitig geregelt haben, gilt das
gesetzliche Leistungsstörungsrecht der §§275, 280ff. und 320ff. BGB. Die-
ses führt indessen in der Regel zu „Alles-oder-Nichts“-Lösungen, d.h. am
Ende wird entweder eine Partei von ihrer Leistungspflicht befreit oder
nicht, muss fĂĽr die NichterfĂĽllung ihrer Leistung haften oder nicht, und
erhält ihre Gegenleistung oder nicht. Das allgemeine Leistungsstörungs-
II.
6 Dehio/Rinne/Schmitt, Finanzsektor (Fn.5), S.820; Wagner/Holtz/Dötsch, Lieferver-
träge (Fn.5), S.848.
7 K. Bacher, Die Corona-Pandemie und allgemeinen Regeln über Leistungsstörun-
gen, MDR 2020, S.514 (516).
8 S. dazu Bacher, Corona-Pandemie (Fn.7), S.516f.; G. ThĂĽsing, in: F. Graf von
Westphalen/G. ThĂĽsing (Hrsg.), Vertragsrecht und AGB-Klauselwerke, 34.Aufl.
2013, Höhere Gewalt Rn.5ff.
9 S. dazu etwa T. Kuntz, Die Auslegung von Material Adverse Change (MAC)-Klau-
seln in Unternehmenskaufverträgen, DStR 2009, S.377ff.; C. Lange, „Material Ad-
verse Effect” und „Material Adverse Change”-Klauseln in amerikanischen Unter-
nehmenskaufverträgen, NZG 2005, S.454ff.
10 Dehio/Rinne/Schmitt, Finanzsektor (Fn.5), S.820.
Thomas Riehm
14
https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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book Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
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