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zung, dass keine Vertragsanpassung nach §313 Abs.1 BGB stattfindet.
Freilich könnte gerade dieses Beispiel ein typischer Fall einer Äquivalenz-
störung sein, die von §313 BGB erfasst wird.37
Rechtsfolgen bei nicht zu vertretender Nichtleistung
Abschließend seien noch die Rechtsfolgen untersucht, die eintreten, wenn
die Anstrengungen, die der Verkäufer unternehmen müsste, um die Leis-
tung noch zu erbringen, das nach dem Vorstehenden geschuldete Maß
überschreiten. In diesem Fall ist die Leistung entweder vorübergehend tat-
sächlich oder rechtlich unmöglich, beispielsweise weil der Verkäufer we-
gen einer Betriebsschließung oder gar der Beschlagnahmung der Ware
(man denke etwa an Schutzmasken) seine Vertragspflicht nicht erfüllen
kann. Oder die Erfüllung erfordert vorübergehend Aufwendungen, die
grob außer Verhältnis zum Leistungsinteresse des Käufers stehen.
Im ersten Fall ist der Erfüllungsanspruch analog §275 Abs.1 BGB vor-
übergehend suspendiert, solange das Hindernis besteht; im zweiten Fall
kann der Verkäufer analog 275 Abs.2 BGB vorübergehend die Einrede des
grob unverhältnismäßigen Leistungsaufwandes gegen die Inanspruchnah-
me durch den Käufer erheben. Da die Leistungshindernisse nicht endgül-
tig sind, liegt allerdings keine echte Unmöglichkeit im Sinne von §275
Abs.1 BGB vor, und auch die Einrede der groben Unverhältnismäßigkeit
ist in diesem Fall keine dauernde, sondern nur eine vorübergehende. Viel-
mehr wäre eine Klage des Käufers auf Lieferung nach der zutreffenden
h.M. nur als „derzeit unbegründet“ abzuweisen.38 Möglich ist aber gleich-
wohl eine Klage auf künftige Leistung unter den Voraussetzungen des
§259 ZPO.39
IV.
37 Vgl. Prütting, in diesem Band; Weller/Lieberknecht/Habrich, Virulente Leistungsstö-
rungen (Fn.1), S.1021f.
38 Riehm (Fn.20), §275 Rn.154ff. m.w.N.
39 Vgl. Lorenz (Fn.11), §275 Rn.73 (für den Fall des Ausstehens einer behördlichen
Genehmigung); Ernst (Fn.26), §275 Rn.141; Bach, Leistungshindernisse (Fn.30),
S.777; C.-W. Canaris, Die einstweilige Unmöglichkeit der Leistung, in: T.
Baums/M. Lutter/K. Schmidt/J. Wertenbruch (Hrsg.), Festschrift für Ulrich
Huber zum siebzigsten Geburtstag, 2006, S.143 (146f.); W. Däubler, Die vorüber-
gehende Unmöglichkeit der Leistung, in: S. Lorenz/A. Trunk/H. Eidenmüller/C.
Wendehorst/J. Adolff (Hrsg.), Festschrift für Andreas Heldrich zum 70. Geburts-
tag, 2005, S.55 (59); B. Gsell, Rechtskräftiges Leistungsurteil und Klage auf Scha-
densersatz statt der Leistung, JZ 2004, S.110 (114); D. Kaiser, Zeitweilige Unmög-
lichkeit, in: F. Häuser/H. Hammen/J. Hennrichs/A. Steinbeck/U. R. Siebel/R.
Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
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