Page - 51 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
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unterbrochen wären, in deren Verlauf zielgerichtet durch staatliche Hilfen
stĂĽtzend und steuernd eingegriffen werden kann, solange sie in Takt sind.
Sofern nunmehr bestehende Verträge Abreden beinhalten, die selbst
Problemlagen wie behördliche, gerichtliche oder gesetzliche Verbote auf
Basis unvorhergesehener Umstände wie Krieg, Katastrophen, Epidemien6
erfassen (zumeist als Regelungen zu Fällen höherer Gewalt7 in internatio-
nalen Handelsverträgen8 zu finden)9, sind dieselben ohnehin vorrangig.10
Die Parteien haben das vertragliche Risiko insoweit gesehen und verteilt.
Dies entfaltet bis zur Grenze denkbarer Nichtigkeitsklauseln wie gesetzli-
che Verbote und Sittenwidrigkeit Wirkung. Ebenfalls relevant können Ma-
terial Adverse – Klauseln in Unternehmensverträgen sein, welche Konse-
quenzen im Fall erheblicher Wertänderungen zwischen Signing und Clo-
sing regeln.11 Auch ist es denkbar, dass Vertragsparteien gezielt spekulative
Elemente vorgesehen haben,12 die mit dem Risiko einer unerwarteten ex-
tremen Wertsteigerung oder einem massiven Wertverfall bestimmter GĂĽ-
ter spielen.13 Jedoch wird man bei all diesen Regelungen im Einzelfall ge-
nau darauf zu achten haben, was die Parteien tatsächlich privatautonom
einbezogen haben und welche Entwicklungen trotz Existenz solcher Klau-
seln als weiterhin nicht kalkuliert und damit nicht eingepreist anzusehen
sind.
6 Epidemien sind in der Judikatur mehrfach als Fall höherer Gewalt anerkannt
worden, vgl. hierzu die Darstellung und Nachweise bei S. Sittner, Mietrechtspra-
xis (Fn.3), S.1169 (1170) Fn.10 mwN.
7 Zum Begriff und dessen Ausfüllung BGHZ 100, 185 = NJW 1987, S.1938 – Aus-
bruch eines Feuers während Nilkreuzfahrt; BGH NJW 2017, S.2677.
8 Vgl. L. DiMatteo, in: L. DiMatteo/A. Jansen/U. Magnus/R. Schulze (Hrsg.), Inter-
national Sales Law, Baden-Baden 2016, Ch. 22 Rn.124.
9 Ausführlich zu den force majeure – Klauseln G. Weick, Force Majeure, ZEuP
2014, S.281ff.
10 Vgl. insbesondere mit Blick auf die Grundsätze des Wegfalls der Geschäftsgrund-
lage BGH VersR 1961, S.382f.; NJW 2000, S.1714 (1716); 2020, S.331 (334).
11 Hierzu T. Kuntz, Die Auslegung von Material Adverse Change (MAC)-Klauseln in
Unternehmenskaufverträgen, DStR 2009, S.377ff.
12 Vgl. BGH NJW 1979, S.1818: Bauerwartungsland, das nicht als solches ausgewie-
sen wird.
13 Zur Diskussion im insoweit naheliegenden Verbraucherschutzrecht BGH NZM
2015, S.906.
Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf Vertragsstörungen?
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
- Niemand zahlt mehr Miete!? ‑ Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen auf die Pflicht zur Mietzahlung 147
- Aktuelle Probleme im Reiserecht durch die Corona-Krise 175
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- Das Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise 223
- Vertragsrecht in der Corona-KriseCOVInsAG: Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht und die Haftung der Organe 245