Page - 112 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
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wird, könnte man das noch als wesentliches Dauerschuldverhältnis anse-
hen.59 Allerdings generieren Unternehmen ihre Umsätze nicht unbedingt
nur aus Dauerschuldverhältnissen. Überhaupt ist nicht ohne weiteres ein-
leuchtend, warum das Kleinstunternehmen nur zur Verweigerung von
Leistungen aus Dauerschuldverhältnissen berechtigt sein soll, nicht dage-
gen von einmaligen Leistungen etwa aus Werkverträgen.60
Anforderungen an das pandemiebedingte Leistungshindernis und Verhältnis
zur Unmöglichkeit
Das pandemiebedingte Leistungshindernis hat der Gesetzgeber für Kleinst-
unternehmen anders geregelt als für Verbraucher. Voraussetzung für die
Corona-Einrede ist hier, dass das Unternehmen die Leistung nicht erbrin-
gen kann oder die Erbringung der Leistung die wirtschaftlichen Grundla-
gen des Erwerbsgeschäfts gefährden würde.
Die erste Variante scheint auf Dienstleistungen zugeschnitten zu sein.
Auf Entgeltleistungen passt sie nicht, weil man Geld grundsätzlich zu ha-
ben hat, so dass ein Fall der Unmöglichkeit nach §275 Abs.1 BGB nicht
eintreten kann.61 Für die zweite Variante fehlt wieder der Maßstab:62
Wann würde die Leistungserbringung die Grundlagen des Erwerbsge-
schäfts gefährden? Man müsste für ein konkretes Unternehmen einen kon-
kreten Betrag berechnen. Auch hier gilt: Das Unternehmen hat die Beweis-
last, wenn es sich auf die Einrede berufen will.
Bedingt durch die Pandemie
Ursache für das Leistungshindernis müssen wiederum Umstände sein, die
auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen sind. Der Gesetzgeber nennt
2.
a)
59 Ablehnend Rüfner, Corona-Moratorium (Fn. 14), S.446.
60 Scholl, Art.240 EGBGB (Fn. 18), S.768.
61 So auch Rüfner, Corona-Moratorium (Fn. 14), S.446; differenzierend zu diesem
Grundsatz W. Ernst, in: MüKoBGB, Bd. 2, 8.Aufl., München 2019, §275 Rn.13;
für ein anderes Verständnis, nach dem der in Art.240 §1 Abs.2 EGBGB verwen-
dete Begriff der Unmöglichkeit abweichend von §275 Abs.1 BGB auch Fälle
mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit erfassen soll, Thole, Insolvenzan-
tragspflicht (Fn. 18), S.659; Lorenz (Fn. 12), §1 Rn.57; Berg (Fn. 16), Art.240 §1
EGBGB Rn.33; siehe auch den Beitrag von T. Riehm, S.11 (16).
62 So auch Thole, Insolvenzantragspflicht (Fn. 18), S.659.
Ann-Marie Kaulbach und Bernd Scholl
112
https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
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- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
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