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Zusammenfassung
Unter dem Eindruck der Corona-Krise hat der Gesetzgeber im Schnell-
durchgang zeitlich befristete Sonderregeln geschaffen, die die wirtschaftli-
chen Auswirkungen der Pandemie und der damit einhergehenden Be-
schränkungen des Wirtschaftslebens abmildern sollen. Diese Regeln ent-
halten zahlreiche unbestimmte Rechtsbegriffe und einige Ungereimthei-
ten. Die daraus resultierende Rechtsunsicherheit wirkt sich zu Lasten der-
jenigen aus, die eigentlich durch die Regelungen unterstĂĽtzt werden sol-
len. Es wird nun Aufgabe von Rechtswissenschaft und ‑praxis sein, die vie-
len offenen Fragen möglichst rasch zu klären. Einstweilen besteht ein be-
sonderer Anreiz für Betroffene, individuelle Lösungen mit ihren Vertrags-
partnern auszuhandeln.190
Zentrale unbestimmte Rechtsbegriffe in Art.240 §1 EGBGB sind das
„wesentliche Dauerschuldverhältnis“ und der „angemessene Lebensunter-
halt“. Letzterer kann unter Rückgriff auf die zu §1360a BGB entwickelten
Maßstäbe ausgelegt werden. Unklar ist, ob man Dienstleistungen von
Kleinstunternehmen als wesentliche Dauerschuldverhältnisse einstufen
kann. Nach hier vertretener Auffassung lassen sich die entsprechenden Fäl-
le je nach Konstellation über die rechtliche oder persönliche Unmöglich-
keit (§275 Abs.1 und 3 BGB) lösen.
Für Darlehensverträge hat der Gesetzgeber in Art.240 §3 EGBGB kein
Leistungsverweigerungsrecht, sondern eine gesetzliche Stundung vorgese-
hen. Nach hier vertretener Auffassung ĂĽberzeugt das nicht, weil es die ge-
setzliche Stundung dem Darlehensnehmer ermöglicht, die Zahlungen ein-
zustellen, ohne dies gegenüber der Bank zu erklären. Im Hinblick auf
Rechtssicherheit und -klarheit wäre aber eine entsprechende Mitteilungs-
pflicht des Verbrauchers fĂĽr alle Beteiligten vorteilhaft. Zudem kann die
gesetzliche Konstruktion die Frage nicht klären, welches Darlehen von der
Stundung erfasst wird, wenn das Einkommen des Darlehensnehmers nur
noch zur Bedienung eines von mehreren Darlehen genĂĽgt.
AuĂźerdem regelt das Gesetz die zentrale Frage nicht, ob die Darlehens-
valuta während der Stundungsphase zu verzinsen ist. Interessengerecht wä-
re es, dies zu bejahen. Bis die Rechtsprechung das Problem geklärt haben
wird, ist Banken zu raten, mit dem betroffenen Verbraucher das Gespräch
zu suchen und eine Individualvereinbarung zu treffen – insofern dürfte
der Gesetzgeber sein Ziel erreichen.
G.
190 So auch Köndgen (Fn. 24), Art.240 §3 EGBGB Rn.41.
Ann-Marie Kaulbach und Bernd Scholl
144
https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
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