Page - 164 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
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Urteil an, lässt sich die Auffassung Drygalas jedoch nicht durch die BGH-
Entscheidung stĂĽtzen.
In dem Urteil heißt es ausdrücklich: „Öffentlich-rechtliche Gebrauchs-
hindernisse und Gebrauchsbeschränkungen, die dem vertragsgemäßen Ge-
brauch […] entgegenstehen, begründen nach der Rechtsprechung des
BGH […] nur dann einen Sachmangel i.S. der §§536ff. BGB, wenn sie auf
der konkreten Beschaffenheit der [Sache] beruhen und nicht in persönli-
chen oder betrieblichen Umständen des Pächters ihre Ursache haben.“60
Und weiter heißt es dort: „Ergeben sich auf Grund von gesetzgeberischen
Maßnahmen während eines laufenden Pachtverhältnisses Beeinträchtigun-
gen des vertragsgemäßen Gebrauchs eines gewerblichen Pachtobjekts,
kann dies nachträglich einen Mangel […] begründen. Voraussetzung hier-
fĂĽr ist jedoch, dass die durch die gesetzgeberische MaĂźnahme bewirkte Ge-
brauchsbeschränkung unmittelbar mit der konkreten Beschaffenheit, dem
Zustand oder der Lage des Pachtobjekts in Zusammenhang steht. Andere
gesetzgeberische Maßnahme, die den geschäftlichen Erfolg beeinträchti-
gen, fallen dagegen in den Risikobereich des Pächters.“61
Die BGH-Entscheidung erging im Zusammenhang mit dem gesetzli-
chen Rauchverhobt durch das Nichtraucherschutzgesetz Rheinland-
Pfalz.62 Dort ist eine Ausnahmeregelung für Gaststätten vorgesehen, die
bestimmten baulichen Anforderungen genĂĽgen.63 Obwohl diese baulichen
Anforderungen mit Blick auf die Vertragssache im entschiedenen Fall hät-
ten hergestellt werden können, hat der BGH einen Minderungsanspruch
des Pächters abgelehnt, weil die Gebrauchsbeeinträchtigung ihre Ursache
nicht in dem Zustand oder der Beschaffenheit der Pachtsache hatte.64
Wenn aber ein zur Minderung berechtigender Mangel bereits in diesem
Fall, in dem die bauliche Beschaffenheit des Vertragsgegenstands zumin-
dest eine Rolle fĂĽr die Nutzung gespielt hat, vom BGH abgelehnt wurde,
dann lässt sich kaum behaupten, dass Mieter deren Geschäfte wegen der
Corona-Erlasse geschlossen wurden, unter Zugrundelegung dieser Recht-
sprechung die Zahlung „zurecht“ verweigern könnten.65
Schon die Annahme Drygalas, dass der BGH in dem Urteil danach diffe-
renziere, ob sich der staatliche Eingriff gegen den Betrieb des Geschäfts
oder gegen die Person des Betreibers richte, trifft nicht zu. Es kommt nach
60 BGH NJW 2011, 3151, Rn.8.
61 BGH NJW 2011, 3151, Rn.9.
62 NRauchSchG RP, Gesetz vom 05.10.2007, GVBl. 2007, 188.
63 §7 Abs.3 NRauchSchG RP.
64 BGH NJW 2011, 3151, Rn.10.
65 So aber T. Drygala, Corona und ausbleibende Gewerbemieten (Fn.6).
Jonas David Brinkmann
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Vertragsrecht in der Coronakrise
- Title
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Author
- Daniel Effer-Uhe
- Editor
- Alica Mohnert
- Location
- Baden-Baden
- Date
- 2020
- Language
- German
- License
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Size
- 15.3 x 22.7 cm
- Pages
- 258
- Categories
- Coronavirus
- Recht und Politik
Table of contents
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