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Der Weg ins Freie
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wartete. Gedrängt, aber gut gelaunt fuhren sie nach einem Weinrestaurant in der Stadt. In einem separierten Zimmer ließ Oskar Champagner auftragen. Georg setzte sich ans Klavier und phantasierte über das Thema, das ihm auf der Rutschbahn eingefallen war. Amy lehnte in der Divanecke, und Oskar flüsterte ihr allerhand ins Ohr, worüber sie lachen mußte. Heinrich war wieder stumm geworden und drehte sein Glas langsam zwischen den Fingern hin und her. Plötzlich hielt Georg im Spielen inne und ließ die Hände auf den Tasten liegen. Ein Gefühl von der Traumhaftigkeit und Zwecklosigkeit des Daseins kam über ihn, wie manchmal, wenn er Wein getrunken hatte. Viele Tage war es her, daß er eine schlecht beleuchtete Treppe in der Paulanergasse hinuntergegangen war, und der Spaziergang mit Heinrich durch die herbstdunkle Allee lag in fernster Vergangenheit. Hingegen erinnerte er sich plötzlich so lebhaft, als wär es gestern gewesen, eines sehr jungen und sehr verdorbenen Wesens, mit dem er vor vielen Jahren ein paar Wochen in heiter- unsinniger Art verbracht hatte, etwa so wie Oskar Ehrenberg jetzt mit Amy. Eines Abends hatte sie ihn auf der Straße zu lange warten lassen, ungeduldig war er fort gegangen und hatte nie wieder etwas von ihr gehört oder gesehen. Wie leicht sich das Leben zuweilen anließ… Er hörte das leise Lachen Amys, wandte sich und sein Blick begegnete den Augen Oskars, die über den blonden Kopf Amys hinweg die seinen suchten. Er empfand diesen Blick als ärgerlich, wich ihm absichtlich aus und schlug wieder einige Töne an, in volksliedartiger, melancholischer Weise. Er spürte Lust, all das aufzuzeichnen, was ihm heute eingefallen war, und sah auf die Uhr, die über der Tür hing. Es war eins vorbei. Dann verständigte er sich mit Heinrich durch einen Blick, und beide erhoben sich. Oskar deutete auf Amy, die an seiner Schulter eingeschlummert war, und gab durch ein lächelndes Achselzucken zu verstehen, daß er unter diesen Umständen noch nicht ans Fortgehen denken könne. Die beiden andern reichten ihm die Hände, flüsterten ihm gute Nacht zu und entfernten sich. »Wissen Sie, was ich getan hab«, sagte Heinrich, »während Sie auf dem gräßlichen Pianino so wunderhübsch phantasierten? Ich hab versucht mir den Stoff zurecht zu legen, von dem ich Ihnen im Frühjahr gesprochen hab.« »Ah den Opernstoff! Das ist ja interessant. Wollen Sie ihn mir nicht einmal erzählen?« Heinrich schüttelte den Kopf. »Ich möchte schon, aber das Malheur ist nur, wie sich eben herausgestellt hat, daß er eigentlich gar nicht vorhanden ist. Wie die meisten andern von meinen sogenannten Stoffen.« Georg sah ihn fragend an. »Im Frühjahr, wie wir uns das letztemal gesehen haben, da hatten Sie ja eine ganze Menge vor.« »Ja aufnotiert ist gar viel. Aber heut ist nichts mehr davon da als Sätze… 42
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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