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Der Weg ins Freie
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»Ich denke eben, wie leicht es sich hätte fügen können, daß Fräulein Else zwei Monate im Gefängnis hätte schmachten müssen, und daß Fräulein Therese in einem eleganten Salon als Tochter des Hauses Cercle hielte.« »Leicht fügen… ?« »Herr Ehrenberg hat Glück gehabt, Herr Golowski Pech… das ist vielleicht der ganze Unterschied.« »Na hören Sie, Nürnberger«, sagte Heinrich, »Sie werden das Individuelle doch nicht vollkommen aus der Welt leugnen wollen… Else und Therese sind doch ziemlich verschiedene Naturen.« »Das denke ich auch«, bemerkte Frau Ehrenberg. Nürnberger zuckte die Achseln. »Beide sind junge Mädchen, recht begabt, recht hübsch… alles übrige ist wie bei den meisten jungen Damen – und wohl bei den meisten Menschen, mehr oder weniger angeflogen.« Heinrich schüttelte lebhaft den Kopf. »Nein, nein«, sagte er, »so einfach ist das Leben doch nicht.« »Es ist darum nicht einfacher, lieber Heinrich.« Frau Ehrenbergs Blick war auf die Tür gerichtet und leuchtete. Felician war eben eingetreten. Mit nachtwandlerischer Sicherheit ging er auf die Hausfrau zu und küßte ihr die Hand. »Ich habe eben das Vergnügen gehabt, Herrn Ehrenberg auf der Stiege zu begegnen… Er fährt nach Corfu, wie er mir sagt. Dort muß es jetzt wunderschön sein.« »Sie kennen Corfu?« »Ja, gnädige Frau, eine Kindheitserinnerung.« Er begrüßte Nürnberger und Bermann, und sie redeten alle über den Süden, nach dem Bermann sich sehnte und an den Nürnberger nicht glaubte. Georg drückte seinem Bruder zur Begrüßung und zugleich zum Abschied die Hand. Wie er, unauffällig durch die offene Tür des Speisezimmers verschwindend, sich noch einmal umsah, bemerkte er Marianne, die in der entferntesten Ecke des Salons saß und ihm mit dem Lorgnon spöttisch nachblickte. Es war immer die rätselhafte Gabe dieser Frau gewesen, plötzlich da zu sein, ohne daß man wußte, wo sie herkam. Noch auf der Stiege trat ihm eine verschleierte Dame in den Weg. »Eilen Sie doch nicht so, sie kann schon noch einen Moment warten«, sagte sie. »Man darf die Frauen überhaupt nicht so verwöhnen… Ob Sie’s auch so eilig hätten, wenn Sie zu einem Rendezvous mit mir gingen… ? Aber davon wollen ja Sie nichts wissen. Wahrscheinlich, weil Sie Angst haben, daß Sie mein Mann niederschießt, wenn er aus Stockholm zurückkommt, das heißt, heute ist er 62
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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