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Der Weg ins Freie
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»Jalaudek… «, wiederholte Heinrich mit deutlichem Ekel in der Stimme und sagte nichts weiter. »Ah«, meinte Leo, »das ist ja der, der neulich in einer Debatte über den Volksbildungsverein diese prachtvolle Definition von Wissenschaft gegeben hat. Haben Sie nicht gelesen?« wandte er sich zu den andern. Diese erinnerten sich nicht. »Wissenschaft«, zitierte Leo, »Wissenschaft ist das, was ein Jud vom andern abschreibt.« Alle lachten. Auch Josef, der aber sofort erläuterte: »Eigentlich ist er gar nicht so, ich kenn ihn ja. Nur im politischen Leben ist er so grob… weil also nämlich da die Gegensätze aufeinanderplatzen in unserm lieben Österreich. Aber für gewöhnlich ist er ein sehr umgänglicher Herr. Da ist der Junge viel radikaler.« »Ist euer Klub christlich-sozial oder deutsch-national?« fragte Leo verbindlich. »O, da wird bei uns kein Unterschied gemacht, nur natürlich, wie das schon so ist… «, er unterbrach sich plötzlich verlegen. »Nun ja«, ermutigte ihn Leo, »daß euer Klub judenrein ist, das ist doch selbstverständlich. Man merkt’s auch schon von weitem.« Josef hielt es für das richtigste zu lachen. Dann sagte er: »O bitte sehr, auf den Bergen schweigt die Politik; überhaupt die Herren machen sich da falsche Begriffe, wenn wir schon über dieses Thema reden. Wir haben zum Beispiel einen im Klub, der ist mit einer Israelitin verlobt. Aber sie winken mir schon. Habe die Ehre, meine Herrschaften, servus Leo, all Heil.« Er salutierte wieder und entfernte sich wiegenden Schrittes. Die andern, unwillkürlich lächelnd, blickten ihm nach. Dann fragte Leo plötzlich zu Georg gewandt: »Wie geht’s denn eigentlich seiner Schwester mit dem Singen?« »Wie?« sagte Georg aufgeschreckt und leicht errötend. »Therese erzählt mir«, fuhr Leo ruhig fort, »daß Sie zuweilen mit Anna musizieren. Ist denn die Stimme jetzt in Ordnung?« »Ja«, entgegnete Georg zögernd, »ich glaube schon, jedenfalls finde ich sie sehr angenehm, sehr wohllautend, besonders in der tiefern Lage. Schade, daß sie eben nicht ausreicht, für größere Räume, mein ich.« »Nicht ausreicht«, wiederholte Leo nachdenklich, »das ist auch so ein Wort.« 80
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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