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Der Weg ins Freie
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der Fahrt nach der neuen, fremden Stadt. Die Straße belebte sich. Freundliche Villen erschienen, von kleinen Gärtchen behaglich umgeben; gelinde hinter den Häusern stiegen bewaldete Hügel empor. Noch einmal breitete das Tal sich aus, und der scheidende Tag ruhte über Wiesen und Feldern. In einem großen, leeren Wirtshausgarten waren die Laternen angezündet. Eilige Dämmer schienen von allen Seiten zugleich heranzuschleichen. Nun war die Wegkreuzung da. Georg und Heinrich saßen ab und zündeten sich Zigaretten an. »Rechts oder links?« fragte Heinrich. Georg sah auf die Uhr: »Sechs… und ich muß um acht in der Stadt sein.« »Da können wir also nicht miteinander nachtmahlen?« sagte Heinrich. »Leider nein.« »Schade. So fahren wir gleich den kürzeren Weg, über Sievering, hinein.« Sie zündeten ihre Laternen an und schoben die Räder auf langgestreckten Serpentinen durch den Wald. Der Reihe nach sprang ein Baum nach dem andern aus dem Dunkel in den Schein der Lichtkegel und trat wieder in die Nacht zurück. Stärker rauschte der Wind durchs Laub, und Blätter raschelten nieder. Heinrich fühlte ein ganz leises Grauen, wie es ihn manchmal bei Dunkelheit in der freien Natur überfiel. Daß er den Abend allein verbringen sollte, empfand er wie eine Enttäuschung. Er war verstimmt gegen Georg und ärgerte sich daher auch über dessen Verschlossenheit ihm gegenüber. Er nahm sich nicht zum erstenmal vor, von jetzt an auch über seine eigenen, persönlichen Angelegenheiten nicht mehr mit Georg zu reden. Es war besser so. Er bedurfte niemandes Vertrauen, niemandes Teilnahme. Am wohlsten war ihm doch immer zumute gewesen, wenn er allein seines Weges ging. Das hatte er nun oft genug erfahren. Wozu also einem andern seine Seele erschließen? Ja, Bekannte zu gemeinsamen Spaziergängen und Fahrten, zu kühlen, klugen Gesprächen über allerlei Dinge des Lebens und der Kunst, – Frauen um sie flüchtig zu umarmen; doch keines Freundes, keiner Geliebten bedurfte er. So floß das Dasein würdiger und ungestörter hin. Er schwelgte in diesen Vorsätzen, fühlte sich hart und überlegen werden. Die Waldesdunkelheit verlor ihre Schauer, und er wandelte durch die leise rauschende Nacht wie durch ein verwandtes Element. Die Höhe war bald erreicht. Sternenlos lag der dunkle Himmel über der grauen Straße und über den nebelhauchenden Wiesen, die sich beiderseits in täuschender Weite zu den Waldhügeln dehnten. Vom nahen Mauthäuschen schimmerte ein Licht. Wieder bestiegen sie die Räder und fuhren nun so rasch nach abwärts, als die Dunkelheit es gestattete. Georg wünschte sich bald am 89
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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