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Der Weg ins Freie
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»Warum sagten Sie«, fragte Frau Oberberger, »Sie hätten so viel Glück haben können wie ein Husarenrittmeister? Es ist gar nicht wahr, daß Offiziere besonders viel Glück bei den Frauen haben. Wenn meine Schwägerin auch einmal ein Verhältnis mit einem Oberleutnant gehabt hat… « »Ich glaube nicht an platonische Liebe«, sagte Sissy und leuchtete durch den Saal. Frau Wyner schrie leise auf. »Fräulein Sissy hat wahrscheinlich recht«, sagte Nürnberger. »Wenigstens bin ich überzeugt, daß die meisten Frauen platonische Liebe entweder als Beleidigung auffassen oder als Ausrede.« »Es sind junge Mädchen da«, erinnerte Frau Ehrenberg mild. »Das merkt man schon daraus«, sagte Nürnberger, »daß sie mitreden.« »Trotzdem möchte ich mir erlauben, zu dem Kapitel platonische Liebe eine kleine Anekdote zu erzählen«, sagte Heinrich. »Nur keine jüdische«, warf Else ein. »Gewiß nicht. Hören Sie nur. Ein kleines blondes Mädel… « »Das beweist nichts«, unterbrach Else. »Laß doch zu Ende erzählen,« mahnte Frau Ehrenberg. »Also: ein kleines, blondes Mädel«, begann Heinrich von neuem, »hat einmal, im Gegensatz zu Fräulein Sissy, mir gegenüber die Überzeugung ausgesprochen, daß platonische Liebe tatsächlich existiere. Und wissen Sie, was sie mir als Beweis dafür angeführt hat… ? Ein eigenes Erlebnis. Sie hat nämlich einmal eine Stunde, wie sie mir erzählte, ganz allein in einem Zimmer mit einem Leutnant verbracht und… « »Es ist genug«, rief Frau Ehrenberg angstvoll. »Und«, schloß Heinrich unbeirrt und beruhigend, »es ist in dieser Stunde nicht das geringste vorgefallen.« »Sagt das blonde Mädel«, ergänzte Else. Die Tür öffnete sich, Georg sah eine fremde Dame eintreten, in einem hellblauen, viereckig ausgeschnittenen Kleid, blaß, einfach und vornehm. Erst als sie lächelte, ward ihm bewußt, daß die Dame Anna Rosner war, und er empfand irgend etwas wie Stolz auf sie. Als er der Geliebten die Hand reichte, fühlte er den Blick Elses auf sich gerichtet. Man begab sich ins Nebenzimmer, wo der Tisch mit bescheidener 102
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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