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Der Weg ins Freie
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»Voriges Jahr«, sagte Sissy, »haben Sie mir Ihr Wort versprochen, daß Sie hinkommen werden, wo ich bin. Sie haben es nicht getan. Heuer aber müssen Sie Ihr Wort halten.« »Gehn Sie wieder nach der Isle of Wight?« »Nein, wir werden diesmal ins Gebirge gehen, nach Tirol oder ins Salzkammergut. Ich will Ihnen schon sagen. Werden Sie kommen?« »Sie dürften jedenfalls wieder ein großes Gefolge haben?« »Ich werde mich für keinen kümmern als für Sie, Georg.« »Auch wenn Willy Eißler sich zufällig in Ihrer Nähe aufhalten sollte?« »O«, sagte sie mit einem verworfenen Lächeln und drückte das Feuer ihrer Zigarette gewaltsam in der gläsernen Aschenschale aus. Sie redeten weiter. Es war eines jener Gespräche, wie sie es in den letzten Jahren so oft geführt hatten. Scherzend und leicht fing es an und glühte am Ende von zärtlichen Lügen, die einen Augenblick lang Wahrheit waren. Georg war wieder einmal berückt von Sissy. »Am liebsten möcht ich mit Ihnen eine Reise machen«, flüsterte er ganz nah bei ihr. Sie nickte nur, ihr linker Arm lag auf der breiten Lehne des Diwans. »Wenn man könnte, wie man wollte«, sagte sie und hatte einen Blick, der von hundert Männern träumte. Er beugte sich über ihren zitternden Arm, redete weiter und berauschte sich an seinen eigenen Worten. »Irgendwo, wo niemand uns kennt, wo man sich um keinen Menschen kümmern müßte, möchte ich mit Ihnen zusammen sein, Sissy. Viele Tage und Nächte.« Sissy bebte. Das Wort Nächte jagte ihr Schauer durchs Blut. Anna erschien in der Tür, gab Georg mit dem Blick ein Zeichen und verschwand gleich wieder. Er lehnte sich innerlich auf, und doch war es ihm ganz recht, daß er sich gerade jetzt von Sissy verabschieden durfte. In der Tür zum Salon begegnete er Heinrich, der ihn ansprach. »Wenn Sie gehen, sagen Sie mir’s bitte, ich möchte gern noch mit Ihnen reden.« »Mit Vergnügen. Aber ich muß… ich habe nämlich Fräulein Rosner versprochen, sie nach Hause zu begleiten. Dann komm ich gleich ins Kaffeehaus. Auf Wiedersehen also.« Ein paar Minuten später stand er auf der Schwarzenbergbrücke. Der Himmel war voller Sterne, die Straßen lagen weiß und still. Georg schlug den Kragen auf, obwohl es gar nicht mehr kalt war und ging hin und her. Ob aus 113
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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