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Der Weg ins Freie
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weißen Handschuhen. Ah, Labinski, dachte Georg einen Moment lang; im nächsten fiel ihm natürlich ein, daß der sich erschossen hatte… Es war nicht das erstemal, daß er ihn zu sehen glaubte. Auch im botanischen Garten zu Palermo unter einer japanischen Esche war einmal einer gesessen, bei hellichtem Tag, den Georg eine Sekunde lang für Labinski gehalten hatte. Und neulich, hinter den geschlossenen Fenstern eines Fiakers hatte Georg das Antlitz seines verstorbenen Vaters zu erkennen geglaubt. Hinter den laublosen Ästen schimmerten Häuser her. Eines davon war das, in dem die Brüder wohnten. Es wäre Zeit, dachte Georg, daß ich endlich auf die Angelegenheit zu reden komme. Und um rasch anzuknüpfen, bemerkte er leicht: »Ich fahr’ übrigens auch heuer nicht allein nach Italien.« »So, so«, sagte Felician und sah vor sich hin. Im selben Moment fühlte Georg, daß er den Ton nicht richtig genommen hatte. Er besorgte, daß Felician sich etwa denken könnte: ah, nun hat er wieder ein Abenteuer mit so einer dubiosen Person. Und ernst fügte er hinzu: »Du, Felician, ich hätte was ziemlich Wichtiges mit dir zu besprechen.« »Was Wichtiges?« »Ja.« »Na Georg«, sagte Felician mild und sah ihn von der Seite an. »Was gibt’s denn, du heiratest doch nicht am Ende?« »O nein«, erwiderte Georg und ärgerte sich gleich wieder, daß er diese Möglichkeit so entschieden abgelehnt hatte. »Nein, nicht um eine Heirat handelt es sich, sondern um etwas viel Wesentlicheres.« Felician blieb einen Moment stehen. »Du hast ein Kind?« fragte er ernst. »Nein. Noch nicht. Das ist es eben. Darum reisen wir fort.« »So«, sagte Felician. Sie waren aus dem Park herausgetreten. Unwillkürlich sahen sie beide zu dem Fenster ihrer Wohnung auf, von dem aus noch vor einem Jahr ihr Vater ihnen manchmal grüßend zugenickt hatte. Beide fühlten mit Wehmut, wie sie seit dem Tode des Vaters einander allmählich entglitten waren – und mit leiser Angst, um wie viel weiter sie das Leben noch voneinander entfernen konnte. »Komm zu mir ins Zimmer«, sagte Georg, als sie oben waren. »Da ist’s am gemütlichsten.« Er setzte sich auf seinen bequemen Sessel am Schreibtisch. In die Ecke des kleinen, grünen Lederdiwans, der an den Schreibtisch angerückt war, lehnte 138
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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