Page - 140 - in Der Weg ins Freie
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Felician unterbrach ihn. »Weiß sie, daß du nicht daran denkst, sie zu
heiraten?«
»Na du glaubst doch nicht, ›ich hab ihr ‘s heiraten versprochen‹.«
»Nein. Aber das Sitzenlassen doch auch nicht.«
»Das wäre gerade so eine Unaufrichtigkeit gewesen, Felician. Es ist
gekommen, wie derartige Dinge eben zu kommen pflegen, hat sich alles ganz
ohne Programm entwickelt, bis auf den heutigen Tag.«
»Ja das ist recht schön. Es ist nur die Frage, ob man nicht in wichtigen
Lebensdingen zu Programmen gewissermaßen verpflichtet ist.«
»Möglich… Aber das war ja meine Sache nie, leider… «
Felician blieb vor Georg stehen, machte ein liebes Gesicht und nickte ein
paarmal. »Das ist schon wahr, Georg. Du bist doch nicht bös… aber weil wir
schon einmal davon sprechen… ich maße mir natürlich nicht das Recht an, dir
in deine Lebensführung dreinzureden…
»Red nur, Felician… wirklich… es tut mir geradezu wohl… « Er strich ihm
leise über die Hand, die auf der Diwanlehne lag.
»Na ja, es ist weiter nicht viel zu sagen. Ich meine nur, daß es in allen
Dingen bei dir so ist… so ein Mangel an Programm. Siehst du, um von einem
andern wichtigen Punkt zu reden, ich für meinen Teil bin ja überzeugt von
deinem Talent und viele andre auch. Aber du arbeitest doch eigentlich
verflucht wenig, nicht? Und von selbst kommt der Ruhm ja doch nicht, selbst
wenn man… «
»Gewiß nicht. Aber so wenig wie du glaubst, arbeit ich durchaus nicht,
Felician. Nur ist ja das Arbeiten bei unsereinem so eine eigentümliche
Geschichte. Manchmal beim Spazierengehen, ja sogar im Schlaf fällt einem
allerlei ein… Und dann im Herbst… «
»Na ja, hoffen wir, obzwar ich fürchte, von deiner Gage wirst du anfangs
nicht leben können. Und wie lange dein bissel Geld reichen wird, bei deiner
Art zu leben, das ist sehr die Frage. Ich sag dir aufrichtig, wie du mir früher
die Summe genannt hast, die du deinem Kind hinterlassen könntest, hab ich
einen förmlichen Schrecken gekriegt.«
»Hab nur Geduld, Felician. In drei Jahren oder fünf, wenn ich meine Oper
fertig hab… «, er sagte es in selbstironisierendem Tone.
»Schreibst du wirklich an einer Oper, Georg?«
»Nächstens fang ich an.«
»Wer macht dir denn den Text?«
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Der Weg ins Freie
- Title
- Der Weg ins Freie
- Author
- Arthur Schnitzler
- Date
- 1908
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 306
- Keywords
- Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
- Categories
- Weiteres Belletristik