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»Der Heinrich Bermann. Da machst du natürlich wieder ein Gesicht.«
»Lieber Georg, was deinen Verkehr anbelangt, bin ich immer weit davon
entfernt gewesen, dir dreinzureden. Es ist ganz natürlich, daß du bei deiner
geistigen Richtung in andre Kreise kommst als ich und mit Leuten umgehst,
an denen ich vielleicht weniger Geschmack fände. Aber, wenn der Text von
Herrn Bermann nur schön ist, so hast du meinen Segen… und der Herr
Bermann natürlich auch.«
»Der Text ist noch nicht fertig, nur das Szenarium.«
Felician mußte wider Willen lachen. »So siehts mit deiner Oper aus? Wenn
nur das Theater schon gebaut ist, für das sie dich als Kapellmeister
engagieren.«
»Na«, sagte Georg etwas beleidigt.
»Verzeih«, entgegnete Felician. »Ich zweifle wirklich nicht an deiner
Zukunft. Ich möcht halt nur, daß du selber ein bißchen mehr dazu tätest. Ich
wär ja so… wirklich Georg, stolz wär ich, wenn was Großes aus dir würde.
Und es liegt ja gewiß nur an dir. Der Willy Eißler, der doch ein sehr
musikalischer Mensch ist, hat mir erst neulich wieder gesagt, daß er von dir
mehr hält, als von den meisten jüngern Komponisten.«
»Wegen der paar Lieder, die er von mir kennt?
»Ja er findet sie eben hervorragend. Auf die Masse kommts doch nicht an.«
»Du bist ein guter Kerl, Felician. Aber du brauchst mich wirklich nicht zu
ermutigen. Ich weiß schon, was in mir steckt, nur fleißiger muß ich halt sein.
Und die Reise wird sehr wohltätig auf mich wirken. So auf eine Zeit aus der
gewohnten Umgebung herauskommen, das tut sehr gut. Das ist diesmal was
ganz anderes, als im vorigen Jahr. Es ist ja das erstemal, Felician, daß ich mit
einem Wesen zusammen bin, das vollkommen auf meinem Niveau steht, das
mir mehr… das mir wahrhaftig auch eine Freundin ist. Und das Bewußtsein,
daß ich ein Kind haben werde, und grad mit ihr, das ist mir, trotz aller
Begleitumstände, eher angenehm.«
»Das kann ich mir schon denken«, sagte Felician und betrachtete Georg
ernst und liebevoll.
Die Uhr auf dem Schreibtisch schlug zwei.
»O, schon so spät«, rief Felician. »Und morgen früh muß ich packen. Na,
morgen bei Tisch können wir noch über allerlei reden. Also, grüß dich Gott
Georg.«
»Gute Nacht, Felician. Ich danke dir«, setzte er bewegt hinzu.
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Der Weg ins Freie
- Title
- Der Weg ins Freie
- Author
- Arthur Schnitzler
- Date
- 1908
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.7 cm
- Pages
- 306
- Keywords
- Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
- Categories
- Weiteres Belletristik