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Der Weg ins Freie
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»Sie gehen übrigens auch von Wien fort, hab ich gehört«, sagte Demeter. »Ja, das ist sehr wahrscheinlich… wenn ich nämlich eine Stellung an irgendeiner Opernbühne bekomme. Na und ist’s heuer nicht, so ist’s nächstes Jahr.« Demeter saß mit übereinandergeschlagenen Beinen, hielt das eine mit der Hand beim Knöchel fest und nickte. »Ja, ja«, sagte er und blies den Rauch langsam und schmal durch die Lippen. »Ein Talent zu haben ist schon was Schönes. Da muß sich auch das mit den Lebensepochen irgendwie anders verhalten. Das ist eigentlich auch das einzige, um was ich einen Menschen beneiden könnte.« »Dazu haben Sie doch keinen Grund. Überhaupt Leute mit Talent sind gar nicht zu beneiden. Höchstens Leute mit Genie. Und die beneid ich wahrscheinlich noch mehr, als Sie es tun: Aber ich finde, Talente, wie das Ihrige, sind etwas viel Absoluteres, etwas viel Sichereres sozusagen. Man ist halt gelegentlich nicht in Form, gut… aber da leistet man, wenn man überhaupt was kann, noch immer sehr Beträchtliches, während unsereiner, wenn er nicht in Form, gleich ein vollkommener Pfründner ist.« Demeter lachte. »Ja, aber es halt’ länger, so ein künstlerisches Talent, und es bildet sich mit den Jahren sogar weiter aus. Zum Beispiel der Beethoven. Die neunte Symphonie ist doch die allerschönste, nicht wahr? Na, und der zweite Teil Faust!… Während wir mit den Jahren unbedingt zurückgehen, da hilft nichts. Selbst die Beethovens unter uns! Und wie früh das schon anfangt. Von ganz seltenen Ausnahmen abgesehen. Ich zum Beispiel war mit fünfundzwanzig auf der Höhe. Nie wieder hab ich das erreicht, was ich mit fünfundzwanzig in mir gehabt hab. Ja, lieber Baron, das waren Zeiten!« »Na, ich erinnere mich, Sie vor zwei Jahren ein Rennen gewinnen gesehen zu haben gegen Buzgo, der damals Favorit war,… ich hab sogar auf ihn gewettet gehabt… « »Lieber Baron«, unterbrach ihn Stanzides. »Glauben Sie mir, ich weiß, warum ich aufgehört hab. So was kann man nur selber spüren. Und darum weiß eben keiner so gut, wann das Altwerden anfängt wie ein Sportsmann. Da nützt auch alles Weitertrainieren nicht. Es wird nur eine künstliche Sache. Und wenn Ihnen einer erzählt, daß es anders ist, dann ist er einfach… aber da kommen ja unsere Damen.« Sie standen beide auf. Arm in Arm näherten sich Therese und Anna, die eine ganz weiß, die andre in einem schwarzen Kleid, das, in weiten Falten zur Erde sinkend, ihre Formen völlig verbarg. Beim Springbrunnen begegneten sich die Paare. Demeter küßte Anna die Hand. 170
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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