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Der Weg ins Freie
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gefunden hatte, sie zu unterdrücken. Nun war es wohl der Wein, der ihm wider Willen die Zunge löste. Er berichtete in kurzen Worten, was ihm Heinrich geschrieben hatte. »Das ist aber eine höchst traurige Geschichte«, sagte Demeter sehr betreten, so daß auch alle andern sich plötzlich ernster werden fühlten. »Warum eine traurige Geschichte?« fragte Therese, »ich finde sie zum totlachen.« »Liebe Therese, du bedenkst nicht die Folgen, die sie für den jungen Menschen haben kann.« »Gott, ich weiß ganz gut, er wird halt in einem gewissen Kreis unmöglich sein. Das wird ihn höchstens zur Einsicht bringen, was für ein dummer Kerl er bisher gewesen ist.« »Na«, sagte Georg, »ob Oskar gerade zu den Leuten gehört, die zur Einsicht kommen… ich glaub eigentlich nicht.« »Abgesehen davon, liebe Therese«, fügte Demeter hinzu, »daß das, was du Einsicht nennst, durchaus noch nicht die richtige zu sein braucht. Alle Menschengruppen haben ihre Vorurteile, auch ihr seid nicht frei davon.« »Was haben wir für Vorurteile, das möcht ich wissen«, rief Therese. Und sie trank zornig ihren Wein aus. »Wir wollen nur mit gewissen Vorurteilen aufräumen, besonders mit dem, daß es privilegierte Kasten gibt, die ihre besondere Ehre… « »Bitte, liebe Therese, du bist hier in keiner Versammlung. Und es ist zu fürchten, daß der Applaus am Schluß deiner Rede dünner ausfallen wird, als du’s gewohnt bist.« »Also schau«, wandte sich Therese zu Anna, »das ist die Art, wie ein Kavallerieoffizier Diskussionen führt.« »Pardon«, sagte Georg, »diese ganze Geschichte hat doch mit Vorurteilen kaum etwas zu tun. Eine Ohrfeige auf offener Straße auch von der Hand des eigenen Vaters… ich glaube, man muß da gar nicht Reserveoffizier oder Student sein… « »Diese Ohrfeige«, rief Therese, »hat für mich geradezu etwas Befreiendes. Sie bildet den würdigen Abschluß einer lächerlichen und überflüssigen Existenz.« »Abschluß, das wollen wir nicht hoffen«, sagte Demeter. »Man schreibt mir«, bemerkte Georg, »daß Oskar abgereist ist, unbekannt wohin.« 172
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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