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Der Weg ins Freie
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mit durchbrochener Steinkuppel erschien einer, der Georg wohlbekannt war. Unwillkürlich suchte sein Blick die Richtung, wo er das Haus vermuten durfte, an dessen Eingang die zwei steinernen Riesen auf gewaltigen Armen das Adelswappen eines versunkenen Geschlechts trugen, und in dem sein Kind gezeugt worden war, das in wenig Wochen zur Welt kommen sollte. Georg erzählte von seiner Reise, und in der Stimmung dieser Stunde wäre er sich kleinlich erschienen, wenn er es bei halben Wahrheiten hätte bewenden lassen. Nürnberger aber hatte auch die ganze längst gewußt, und als Georg sich darüber ein wenig erstaunt zeigte, lächelte er spöttisch. »Erinnern Sie sich nicht mehr«, fragte er, »jenes Vormittags, an dem wir uns in Grinzing eine Sommerwohnung angesehen haben?« »Gewiß.« »Und erinnern Sie sich auch, daß uns in Garten und Haus eine Frau mit einem kleinen Kind auf dem Arm herumgeführt hat?« »Ja.« »Bevor wir weggingen, hat das Kind die Arme nach Ihnen ausgestreckt, und Sie haben es mit einem ziemlich gerührten Blick betrachtet.« »Und daraus haben Sie geschlossen, daß ich… « »Ach, Sie sind nicht der Mensch, über den Anblick kleiner und überdies etwas ungewaschener Kinder in Rührung zu geraten, wenn sich nicht Ideenverbindungen persönlicher Art daran knüpfen.« »Vor Ihnen muß man sich in acht nehmen«, sagte Georg scherzend, aber nicht ohne einiges Unbehagen. Die leichte Gereiztheit, die er Nürnbergers Überlegenheit gegenüber immer wieder empfand, hielt ihn durchaus nicht ab, den Verkehr mit ihm weiter zu pflegen. Manchmal holte er ihn vom Hause ab, um mit ihm in Straßen und Gärten umher zu spazieren, und wie eine Genugtuung, ja wie einen persönlichen Sieg empfand er es, wenn es ihm gelang, ihn aus den luftdünnen Regionen bittrer Weisheit in die sanftern Gefilde herzlicher Unterhaltung hinabzuziehen. Die Spaziergänge mit ihm waren Georg zu einer so angenehmen Gewohnheit geworden, daß er es wie eine Verarmung seiner Tage empfand, als er eines Morgens die Wohnung Nürnbergers verschlossen fand. Tags darauf kam eine entschuldigende Abschiedskarte aus Salzburg, von einem Ehepaar mit unterzeichnet, einem Fabrikanten und dessen Frau, liebenswürdigen, heiteren Leuten, die Georg einmal durch Nürnberger flüchtig auf dem Graben kennen gelernt hatte. Nach Heinrichs boshafter Darstellung war der gemeinsame Freund von diesem Ehepaar, nach verzweifelter Gegenwehr natürlich, die Stiege hinuntergeschleppt, in einen 185
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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