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Der Weg ins Freie
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Heinrich stand plötzlich im Garten draußen vor der Veranda, griff über die Brüstung, nahm seinen Mantel vom Sessel und schlug ihn romantisch um sich. »Ich beginne«, sagte er. »Erster Akt.« »Vorher Ouverture in D-moll«, unterbrach ihn Georg. Er pfiff eine getragene Melodie, nur ein paar Töne, und schloß mit einem »und so weiter«. »Der Vorhang hebt sich«, sagte Heinrich. »Fest im königlichen Garten. Nacht. Am nächsten Tag soll die Prinzessin mit dem Herzog Heliodor vermählt werden. Vorläufig nenn ich ihn Heliodor, er wird wahrscheinlich anders heißen. Der König betet seine Tochter an und kann Heliodor, der eine Art von zäsarenwahnsinnigem Gecken vorstellt, nicht ausstehen. Zu diesem Fest, das der König hauptsächlich gibt, um Heliodor zu ärgern, sind nicht nur die Edeln des Landes geladen, sondern die Jugend aller Stände, soweit sie sich durch Schönheit ein Recht dazu erworben hat. Und die Prinzessin soll an diesem Abend mit jedem tanzen dürfen, der ihr gefällt. Da ist besonders einer, Ägidius mit Namen, von dem sie ganz hingerissen scheint. Und niemand freut sich mehr darüber als der König. Eifersucht Heliodors. Steigendes Vergnügen auf Seite des Königs. Auseinandersetzung zwischen Heliodor und dem König. Hohn, Verfeindung. Nun geschieht etwas höchst Unerwartetes. Ägidius zückt den Dolch gegen den König, er will ihn ermorden. Dieser Mordversuch müßte natürlich sehr sorgfältig motiviert werden, wenn Sie nicht die Güte hätten, lieber Georg, die Sache in Musik zu setzen. So wird es genügen, anzudeuten, daß der Jüngling ein Tyrannenhasser, Mitglied einer geheimen Verbindung, vielleicht ein Narr oder Held auf eigne Faust ist. Das weiß ich nämlich noch nicht. Der Mordversuch mißlingt. Ägidius wird festgenommen. Der König wünscht mit ihm allein zu bleiben. Duett. Der Jüngling ist stolz, gefaßt, groß, der König überlegen, grausam, unergründlich. So ungefähr stell ich mir ihn vor: Er hat schon viele in den Tod geschickt, schon viele sterben sehen, aber ihm, in seiner ungeheuern innern Wachheit, scheinen alle übrigen Menschen in einem Zustand halber Bewußtheit dahinzuleben, so daß ihr Dahingehen gewissermaßen nichts anderes zu bedeuten hat als einen Schritt aus Dämmerung in Finsternis. Ein solcher Untergang scheint ihm hier zu mild oder zu banal. Diesen Jüngling will er aus einem Tag, wie ihn noch kein Sterblicher genossen, ins furchtbarste Dunkel stürzen. Ja, das geht in ihm vor. Wieviel er davon ausspricht oder singt, das weiß ich natürlich noch nicht. Ägidius, als ein nach aller Meinung zu sofortigem Tod Bestimmter, wird abgeführt, und zwar auf dasselbe Schiff, auf dem am Abend darauf Heliodor mit der Prinzessin ihre Reise hätten antreten sollen. Der Vorhang fällt. Der zweite Akt spielt auf dem Verdeck. Das Schiff in voller Fahrt. Chor. Einzelne Gestalten heben sich heraus. Ihre Bedeutung tritt erst später zutage. Morgendämmerung. Ägidius wird aus dem untern Schiffsraum heraufgeleitet. Wie er natürlich glauben muß, zum Tode. Aber es kommt anders. Seine 206
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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