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Der Weg ins Freie
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Heinrich hob abwehrend die Hand. »Ich habe es ja auch niemals ernst genommen. Heute Morgen aber kam ein Brief, der, wie soll ich nur sagen, einen unheimlichen Klang von Wahrheit hatte. Es steht eigentlich auch nichts anderes drin, als was sie mir schon zehn- oder zwanzigmal geschrieben hat, aber der Ton… der Ton… kurz und gut, ich bin so gut wie überzeugt, daß es diesmal geschehen ist. Daß es vielleicht in diesem Augenblick schon… «, er hielt inne und starrte vor sich hin. »Nein Heinrich.« Georg trat zu ihm hin und legte ihm die Hand auf die Schulter. »Nein«, fügte er kräftiger hinzu, »ich glaube es absolut nicht. Ich habe sie ja gesprochen, vor ein paar Wochen erst. Sie wissen ja. Und da hatte ich durchaus nicht den Eindruck… Ich habe sie auch Komödie spielen gesehen… wenn Sie sie spielen gesehen hätten, in dieser frechen Posse, so würden Sie auch nicht daran glauben, Heinrich! Sie will sich nur an Ihnen rächen, für Ihre Grausamkeit. Unbewußt vielleicht. Sie ist ja wahrscheinlich selbst manchmal davon überzeugt, daß sie nicht weiter leben kann, aber da sie es bis heute ausgehalten… Ja wenn sie es gleich getan hätte… « Heinrich schüttelte ungeduldig den Kopf. »Hören Sie, Georg, ich habe an das Sommertheater telegraphiert. Ich habe angefragt, ob sie noch dort ist, etwa so, als wenn es sich um eine Rolle für sie handelte, Probeaufführung eines neuen Stücks von mir, oder dergleichen. Ich habe zu Hause gewartet – bis jetzt… aber es ist noch keine Antwort da. Kommt keine, oder keine genügende, so werde ich auf alle Fälle hinfahren.« »Ja warum haben Sie nicht einfach angefragt, ob sie… « »Ob sie sich umgebracht hat? Man will sich doch nicht blamieren, Georg! Da hätt ich mich ja ungefähr jeden dritten Tag erkundigen können… Das hätte allerdings eines gewissen grotesken Humors nicht entbehrt.« »Nun sehen Sie, Sie glauben ja selbst nicht dran.« »Ich will jetzt nach Hause, schauen, ob ein Telegramm da ist. Adieu Georg. Verzeihen Sie mir. Ich hab es nämlich daheim nicht mehr ausgehalten… Es tut mir wirklich sehr leid, daß ich Sie in einer solchen Stunde mit meinen Angelegenheiten belästigt habe. Nochmals, verzeihen Sie… « »Sie wußten ja nicht… Und auch wenn Sie gewußt hätten… Bei mir ist es ja doch… sozusagen eine abgeschlossene Geschichte. In meiner Angelegenheit ist leider absolut nichts mehr zu tun.« Er blickte angestrengt zum Fenster hinaus, über die Wipfel der Bäume, zu den dunkeln Türmen und Dächern, die aus dem matt rötlichen Glanz der abendlichen Stadt emporstiegen. Dann sagte er: »Ich begleite Sie, Heinrich. Ich kann ja zu Hause doch nichts anfangen. Das heißt – wenn Ihnen meine Gesellschaft nicht unangenehm ist.« 239
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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