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Der Weg ins Freie
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gewissermaßen als Abgesandter einer deutschen Hofbühne saß. Er blickte mit dem Opernglas umher. Aus den hintern Parkettsitzen grüßte ihn Gleißner mit einem etwas zu vertraulichen Kopfnicken, und schien gleich nachher der neben ihm sitzenden jungen Dame die Personalien Georgs zu erläutern. Wer mochte sie sein? War es die Dirne, die der mit Seelen experimentierende Dichter zur Heiligen, oder war es die Heilige, die er zur Dirne machen wollte? Schwer zu entscheiden, dachte Georg. In der Mitte des Wegs mochten sie ja ungefähr gleich ausschauen. Georg fühlte die Linsen eines Opernglases auf seinem Scheitel brennen. Er sah auf. Else war es, die von einer Ersten-Stock- Loge auf ihn herabschaute. Frau Ehrenberg saß neben ihr, und zwischen ihnen beugte sich ein hochgewachsener junger Mann über die Brüstung, der kein anderer war, als James Wyner. Georg verbeugte sich und zwei Minuten später trat er in die Loge, freundlich, aber keineswegs mit Erstaunen begrüßt. Else in schwarz samtnem, ausgeschnittenem Kleid, eine schmale Perlenkette um den Hals, mit einer etwas fremden, aber interessanten Frisur streckte ihm die Hand entgegen. »Wieso sind Sie denn eigentlich da? Urlaub? Entlassung? Flucht?« Georg erklärte es kurz und wohlgelaunt. »Es war übrigens nett«, sagte Frau Ehrenberg, »daß Sie uns ein Wort aus Detmold geschrieben haben.« »Das hätte er auch nicht tun sollen?« bemerkte Else, »da hätt man ja glauben können, daß er mit irgendwem nach Amerika durchgegangen ist.« James stand mitten in der Loge, groß, hager, gemeißelten Antlitzes, das dunkle, glatte Haar seitlich gescheitelt. »Nun sagen Sie Georg, wie fühlen Sie in Detmold?« Else sah zu ihm auf, mit gesenkten Wimpern. Sie schien entzückt von seiner Art, das Deutsche noch immer so zu sprechen, als müßte er sich’s aus dem Englischen übersetzen. Immerhin nützte sie es zu einem Witz aus und sagte: »Wie Georg in Detmold fühlt? Ich fürchte, James, deine Frage ist indiskret.« Dann wandte sie sich an Georg: »Wir sind nämlich verlobt.« »Es sind noch keine Karten ausgeschickt«, fügte Frau Ehrenberg hinzu. Georg brachte seine Glückwünsche dar. »Frühstücken Sie doch morgen bei uns«, sagte Frau Ehrenberg. »Sie treffen nur ein paar Leute, die sich gewiß alle sehr freuen würden Sie wiederzusehen. Sissy, Frau Oberberger, Willy Eißler.« Georg entschuldigte sich. Er könne sich für keine bestimmte Stunde binden, aber im Lauf des Nachmittags wenn irgend möglich wollte er sich gern einfinden. 269
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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