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Der Weg ins Freie
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»Enttäuschung ist ein mildes Wort. Schmerzen wäre vielleicht das richtigere.« »Es war wohl beides. Doch wie meistens wird wohl auch hier die brennende Wunde des Schmerzes schneller verheilt sein, als die quälende, bohrende der Enttäuschung.« »Ich verstehe Sie nicht recht.« »Nun daran, lieber Georg, werden Sie doch nicht zweifeln, daß Sie sehr bald, am Ende schon heute, verheiratet wären, wenn das kleine Wesen am Leben geblieben wäre.« »Und Sie glauben, daß jetzt, weil wir kein Kind haben… ja Sie scheinen der Ansicht zu sein, daß… daß… es überhaupt aus ist? Sie sind vollkommen im Irrtum, aber vollkommen, lieber Freund.« »Lieber Georg«, erwiderte Nürnberger, »wir wollen lieber beide von der Zukunft nicht reden. Weder Sie noch ich wissen es, wo in diesem Augenblick ein Faden zu unserm Schicksal gesponnen wird. Sie haben auch in dem Augenblick, als jener Kapellmeister vom Schlag gerührt wurde, nicht das geringste verspürt. Und wenn ich Ihnen jetzt Glück wünsche zu Ihrer weiteren Laufbahn, so weiß ich nicht, auf wen ich mit diesem Glückwunsch vielleicht den Tod herabgefleht habe.« Auf dem Flur nahmen sie Abschied. Auf die Stiege rief Nürnberger Georg nach: »Lassen Sie gelegentlich was von sich hören.« Georg wandte sich noch einmal um: »Und Sie, tun Sie desgleichen!… « Er sah nur noch die abwehrend-resignierte Handbewegung Nürnbergers, lächelte unwillkürlich und eilte hinab. An der nächsten Ecke nahm er einen Wagen. Auf dem Weg zu Golowskis dachte er über Nürnberger und Bermann nach. Was für ein seltsames Verhältnis das zwischen ihnen war! Vor Georg erschien ein Bild, das er ähnlich irgend einmal in einem Traum gesehen zu haben glaubte. Die zwei saßen sich gegenüber; jeder hielt dem andern einen Spiegel vor, darin sah der andere sich selbst mit einem Spiegel in der Hand, und in dem Spiegel wieder den andern mit dem Spiegel in der Hand und so fort in die Unendlichkeit. Kannte da einer noch den andern, kannte einer noch sich selbst? Georg wurde schwindlig zumute. Dann dachte er an Anna. Sollte Nürnberger wieder einmal recht behalten? War es denn wirklich aus? Konnte es überhaupt jemals enden? Jemals?… Das Leben ist lang! Aber waren schon die nächsten Monate bedenklich? Micaela vielleicht… Nein. Das war nicht schwer zu nehmen, wie immer es kommen sollte. Und zu Ostern war er ja wieder in Wien, dann kam der Sommer; man blieb zusammen. Und dann? Ja was dann? Vermählung? Herrn Rosners und Frau Rosners Schwiegersohn, Josefs Schwager! Ach, was ging ihn die Familie an. Anna war es doch, die 283
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Der Weg ins Freie
Title
Der Weg ins Freie
Author
Arthur Schnitzler
Date
1908
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
306
Keywords
Literatur, Wien, Gesellschaft, Sozialismus
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Kapitel 1 2
  2. Kapitel 2 49
  3. Kapitel 3 75
  4. Kapitel 4 93
  5. Kapitel 5 125
  6. Kapitel 6 181
  7. Kapitel 7 212
  8. Kapitel 8 222
  9. Kapitel 9 255
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